Probleme mit dem neuen Euthyrox – was tun?


Foto: Alte und neue Euthyrox-Tablettenschachteln

Die Firma Merck hat im Frühling 2019 die Formulierung des L-Thyroxin-Präparats Euthyrox umgestellt: Die Hilfsstoffe des beliebten Medikaments wurden geändert. Statt Laktose sind nun Mannitol und Zitronensäure enthalten, das soll für eine bessere Stabilität und Haltbarkeit sorgen. Das könnte vor allem bei einer längeren Lagerung der Tabletten bis an die Grenze des aufgedruckten Datums eine Rolle spielen.

Das Problem dabei: Die Umstellung der Zusatzstoffe bringt bei Schilddrüsenhormonen eine veränderte Bioverfügbarkeit mit sich. Deshalb kommt die Sache einem Präparatewechsel gleich, der bei L-Thyroxin normalerweise nicht empfehlenswert ist – besonders wenn die optimale Dosis bereits ausgetüftelt ist.

Nun zeigt sich auch in Deutschland, dass ein Teil der Betroffenen über Symptome klagt: Leichte Herzprobleme, innere Unruhe, Schwitzen, Kopfschmerzen …

Was tun, wenn das neue Euthyrox unverträglich ist?

Wer das neue Präparat bereits nimmt und den Eindruck hat, dass die Wirkung zu heftig ausfällt, kann versuchen, die Dosis anzupassen. Man könnte am nächsten und übernächsten Tag ausnahmsweise nur eine halbe Tablette nehmen, um die mögliche Überdosierung schneller abzubauen. Danach kann die bisher richtig erscheinende Dosis um etwa 10 % reduziert werden (z.B. von 100 auf 88 µg). Nach etwa einer Woche dürfte sich eine erste Tendenz zeigen, ob die Beschwerden abnehmen und eine niedrigere Dosis besser passt.

Die genannten 10 % sind nicht als exakte Formel zu verstehen: Wie stark die Dosis im Vergleich zum alten Euthyrox eventuell gesenkt werden müsste, hängt auch davon ab, wie knapp oder großzügig die Dosis bisher festgelegt war. Außerdem sollte bei jeder größeren Änderung der Dosis oder des Präparats nach sechs bis acht Wochen geprüft werden, was dabei herausgekommen ist: Eine Kontrolle der Schilddrüsenwerte (TSH-Wert und möglichst auch fT3 und fT4) ist fällig.

Gute Tipps dazu gibt es im Online-Ratgeber: Teil 3 – Die Behandlung mit L-Thyroxin.

Das Kapitel Laborwerte aus Teil 2 (Wege zur Diagnose) ist für Einsteiger zusätzlich hilfreich.

Eine weitere Möglichkeit wäre: Man behält die bewährte Dosis bei, steigt aber auf ein ganz anderes L-Thyroxin-Präparat um, das womöglich etwas sanfter wirkt. Hierzu kann ich keine direkten Empfehlungen geben, da ich noch nie anderes L-Thyroxin genommen habe als Euthyox in der bewährten Formulierung und bis auf weiteres dabei bleiben werde. Aber vielleicht hat der Hausarzt oder eine andere Patientin bereits positive Erfahrungen gemacht.

Nachtrag: Der Artikel über das klassische Euthyrox aus Italien enthält inzwischen auch Hinweise auf Thyroxin-Präparate aus Deutschland, die dieselben Zusatzstoffe enthalten.

Oder doch zurück zum alten Euthyrox?

Seit kurzem gibt es eine Online-Petition, die dazu aufruft, ähnlich wie in Frankreich die alte Formulierung übergangsweise wieder einzuführen. Auch wenn das wegen der zahlreichen L-Thyroxin-Präparate in Deutschland weniger dringlich und damit weniger aussichtsreich scheint, ist es doch eine Möglichkeit, öffentlich eine eventuelle Unzufriedenheit mit dem neuen Euthyrox zu zeigen. Außerdem können Sie einen Verdacht auf Nebenwirkungen jederzeit beim Paul-Ehrlich-Institut online melden.

Es gibt aber auch zwei Möglichkeiten, in Eigenregie direkt zur alten Formulierung zurück zu kehren: In einigen Ländern ist Euthyrox noch in der alten Formulierung auf dem Markt, dort hat Merck die Umstellung auf das neue Euthyrox erst für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen, der derzeit noch nicht bekannt ist.

Euthyrox legal aus dem Ausland beziehen

Das eröffnet einige Möglichkeiten: Wer sowieso in ein solches Land reist, zum Beispiel nach Italien, kann sich vorher ein ärztliches Privatrezept ausstellen lassen und es als Selbstzahler in einer italienischen Apotheke einlösen. In Südtirol gibt es noch dazu in vielen Apotheken eine deutschsprachige Beratung. Wer diese Möglichkeit nutzen will, sollte sicherheitshalber die benötigte Euthyrox-Dosis vorher bestellen oder nicht erst am letzten Tag sein Glück versuchen. Außerdem könnte es sinnvoll sein, das Rezept vorher zu kopieren, um beim Grenzübertritt auf der sicheren Seite zu sein.

Auch Apotheken in Deutschland können helfen: Sie dürfen Medikamente aus dem Ausland importieren, besonders internationale Apotheken haben damit Erfahrung. Dafür ist ein Privatrezept nötig, das neben den üblichen Angaben zu Dosis und Stückzahl auch die Angabe „Euthyrox aus Italien“ o.ä. enthält. Außerdem muss das Rezept als Begründung den Hinweis enthalten, dass die Zusatzstoffe der deutschen Tabletten nicht vertragen werden, sonst müsste nämlich das deutsche Euthyrox ausgegeben werden. Ist alles bedacht, kann eine engagierte Apotheke das Euthyrox für Sie importieren. Ein Versand zum Endkunden ist aber nicht möglich – Sie müssen Ihre Tabletten persönlich abholen.

Mehr dazu (Oktober 2020): Euthyrox aus dem Ausland beziehen: Italien

Die Kosten für importiertes Euthyrox könnten deutlich höher ausfallen als für das deutsche Euthyrox oder beim Direktkauf in Italien. Wer knapp bei Kasse ist, könnte sich die doppelte Dosis verschreiben lassen und auf eine halbe Tablette umsteigen. Theoretisch wäre für den Import auch ein Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse möglich, doch damit dürfte zum momentanen Zeitpunkt noch kaum jemand Erfahrung haben.

Andere Thyroxin-Präparate von Merck

Für Menschen, deren Schilddrüse operativ entfernt wurde, kommt noch eine andere Option hinzu: Sie könnten Euthyrox versuchsweise durch Jodthyrox ersetzen, das Merck weiterhin in der alten Formulierung mit Laktose ausliefern sollte – sobald der momentane Lieferengpass überwunden ist.

Das setzt voraus, dass Jodid vertragen wird und sicher kein Schilddrüsengewebe mehr vorhanden ist: Zum einen würde vorhandenes Schilddrüsengewebe seine Hormonproduktion erhöhen, wenn deutlich mehr Jod als bisher zur Verfügung stünde – dann müsste die Dosis daran angepasst werden. Zum anderen könnte die Extradosis Jodid im Fall einer Hashimoto-Schilddrüse zusätzliche Probleme bereiten und so auch einiges durcheinander bringen. Bei einer Hashimoto-Thyreoiditis und erst recht bei Morbus Basedow sollte Jodid auch bei einer kleinen Restschilddrüse vermieden werden.

Dann gäbe es noch Novothyral: Es ist ebenfalls in alter Formulierung zu haben und enthält zwar kein Jodid, allerdings einen hohen Anteil des aktiven Schilddrüsenhormons T3 (Link zu Kapitel 4.3. im Online-Ratgeber). Deshalb kommt Novothyral für die meisten Menschen mit Schilddrüsenunterfunktion nicht als alleinige Alternative zu Euthyrox in Frage.

P.S. Ich danke der St. Anna Apotheke in Bozen für die Informationen über Italien!

Stand: 16. Juli 2021

Irene

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  • Danke für den tollen Artikel, er hilft vielen Betroffenen bestimmt weiter. Ich hoffe bei der Petition kommen 500 Stimmen zusammen.

  • Das italienische Euthyrox? Das ist unbekannt. Die Apotheken in Italien wissen noch nicht, wann umgestellt wird. Aber jetzt geht es noch.

  • Ich verfolge das seit dem ich davon Erfahren habe, im Juni, entsprechend. im sd-krebs Forum konnte ich jetzt seit der Einführung im Juni in DE und AT keinen wirkichen Anstieg von negativen Rückmeldungen erkennen. Das liess und lässt mich hoffen, daß in Frankreich einfach in den erste(n) Charge(n) was schief gelaufen sein muss. Umso überraschter war ich jetzt über die Meldung "un zeigt sich auch in Deutschland, dass ein Teil der Betroffenen über Symptome klagt". Da sich Merck nicht wirklich adäquat äussert ist es nun schwer zu sagen, ob die Hilfsmitteländerung wirklich der Grund für die massiven Probleme in Frankreich ist, oder eben was anderes. Ist die negative Rückmeldung wirkich auch in DE/AT so groß? Gibts da nähere Infos, Quellen?

  • Michael: Dass Präparatewechsel zu Problemen führen können (nicht: müssen), ist allgemein anerkannt. Daher müssen Apotheken in Deutschland bei L-Thyroxin die verschriebene Marke ausgeben. Die Euthyrox-Umstellung auf andere Hilfsstoffe verstehe ich als Präparatewechsel, weil der Inhalt zählt und nicht der Name auf der Schachtel.

    In Frankreich gab es sehr viele Betroffene, weil es dort gar nichts anderes gab als Euthyrox. Bei uns verteilt sich das viel stärker auf alle möglichen Tabletten, sodass das Problem von vornherein geringer ist.

    Hier gibt nur einzelne Stimmen, aber der Umstieg hat ja gerade erst angefangen. Und man muss bei Beschwerden erst mal auf die Idee kommen, dass diese von den Tabletten kommen könnten und nicht vom Stress oder vom Wetter oder von anderen Tabletten.

    Belastbare Quellen: Ich denke nicht, dass jemand eine repräsentative Studie veranlassen wird, daher wird jede Einschätzung des Themas ein Eindruck bleiben - egal ob man die Umstellung kritisch oder weniger kritisch sieht.

  • Hallo, ich würde noch empfehlen, auch RT3 kontrollieren zu lassen. Dieser Wert war bei mir unter einem anderen Präparat ´mal extrem stark erhöht- vermutlich wegen der Hilfsstofffe und hat üble psychische Nebenwirkungen mit sich gebracht. Alle anderen SD-Werte waren jedoch im Normbereich so dass es sehr lange gedauert hat bis jemand das festgestellt hat. Jetzt hoffe ich, dass es mit dem neuen Euthyrox trotz geänderter Hilfsstoffe gut klappt. Noch habe ich einen kleinen Vorrat- hatte ca. 20 Apotheken per Mail kontaktiert und es war erstaunlich, dass manche Apotheker überhaupt nicht informiert waren oder die Änderung bagatellisierten- obwohl sie das neue Euthyrox bereits vertrieben. Schockierend, dass dann vermutlich viele Patienten nicht oder nur unzureichend aufgeklärt wurden und mögliche Nebenwirkungen o.ä. evtl. nicht richtig einordnen können...

  • Der Hinweis mit dem RT3 ist interessant. Ich finde aber auch: Wenn man merkt, dass man ein Präparat schlechter verträgt als das vorige, dann muss man nicht beweisen, warum das so ist. Man kann auch einfach andere Tabletten ausprobieren.

  • Im Artikel wird empfohlen evtl auf ein anderes Präparat umzusteigen, welches sanfter wirkt. Woher soll ich wissen, welches das sein kann? Unsere Hausärzte sind damit überfordert und ich stehe wieder allein vor dem Berg.

  • @ Sani: Das ist im Moment noch etwas Glückssache. Man kann in Foren fragen, wenn man sich auch an Unbekannte wenden will. Und vielleicht weiß man in einem Jahr mehr ...

  • Liebe Frau Gronegger,
    bei mir wurde vor 6 Jahren die Hashimoto-Thyreoiditis festgestellt. Ich habe an Panikattacken, innerer Unruhe und Herzrasen gelitten. Ich bin seitdem in Behandlung bei einem Schilddrüsenarzt und mir ging es bis jetzt eigentlich immer ganz gut. Jährlich wurde die Dosis erhöht und die letzten 2 Jahre war ich fast beschwerdefrei. Auch meine Werte sind in der Norm und sonst bin ich auch völlig gesund. Ich möchte mich nun auch zu diesem Thema melden, da ich einen 6-wöchigen Kampf hinter mir habe. Ich hatte eineinhalb Jahre problemlos die Euthyrox 112 µg eingenommen, bis ich dann vor 6 Wochen Nachschub brauchte und bekam dann in der Apotheke ohne Hinweis die neuen Euthyrox. Nach 3 Tagen Einnahme fing plötzlich diese ständige Übelkeit an und daraufhin folgte dann Durchfall. Erst dachte ich, dass ich mir irgendetwas eingefangen habe. Da der Krankheitsverlauf aber sehr ungewöhnlich für Magen-Darm-Grippe war bin ich dann draufgekommen, dass es die Tabletten sein könnten. Mein Schilddrüsenarzt aus Augsburg hat mir dann Tabletten von einem anderen Hersteller verschrieben und meinte, dass er gerade vermehrt Patienten hat, die die neuen Euthyrox nicht mehr vertragen. Als ich dann eine Woche lange 112 µg von 1A Pharma eingenommen hatte wurden die Beschwerden nicht besser. Ich habe dann herausgefunden, dass 1A Pharma die gleichen Zusatzstoffe wie Merck verwendet, also auch dieses Mannitol und Zitronensäure. Nach 3 Wochen Übelkeit, Erbrechen und Durchfall war ich körperlich so am Ende, dass ich ins Krankenhaus in die Notaufnahme musste. Dort wurde natürlich nichts gefunden, Blutwerte alle in Ordnung, kein Hinweis auf Magen- oder Darmerkrankungen etc. Ich bekam dann Infusionen, weil ich so viel Flüssigkeit verloren hatte. Auch der Stuhlgang wurde untersucht – ohne Befund. Meine Schilddrüsenwerte waren dann im Keller – T3 und T4 unterhalb der Normgrenze. Mein Arzt hat dann die Dosis auf 125 µg erhöht, welche ich dann von der Firma Henning eingenommen hatte. Er meinte dass mein Magen die Tabletten nicht mehr richtig zersetzt und die Dosis nicht mehr in der Höhe im Körper ankommt. Die Beschwerden wurden ein bisschen besser, aber ich bekam dann Schlafstörungen, depressive Zustände, Heulkrämpfe usw. Ich denke dass diese Dosis dann viel zu hoch war. Mein ganzer Hormonhaushalt war durcheinandergeraten. Ich bin dann zu einer anderen Schilddrüsenärztin gegangen um eine zweite Meinung einzuholen und die war sich ziemlich sicher, dass es eine Unverträglichkeit auf die Euthyrox war und in Folge dessen, hat sich ein Reizmagen entwickelt. Ich habe jeden Tag gemerkt wie mein Magen gegen diese Tabletten ankämpft. Nun hat Sie mir die Schilddrüsentabletten in Tropfenform von Henning in der Dosis 75 µg empfohlen. Diese sind speziell für Patienten mit Magen-Darm-Problemen. Diese habe ich heute Morgen zum ersten Mal genommen und was soll ich sagen – mir ist zum ersten Mal nach 6 Wochen nicht mehr übel!!! Ich hoffe dass ich diese Tortur jetzt überstanden habe. Ich möchte mit meinem Beitrag anderen Patienten mit ähnlichen Problemen helfen. Ich werde diese Tabletten in diesem Leben nicht mehr nehmen!!! Viele Grüße

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