L-Thyroxin (T4) ist das wichtigste Medikament zur Behandlung einer Unterfunktion, siehe vorausgegangene Kapitel. Doch es reicht nicht immer aus, um eine gute Hormonversorgung zu erreichen: Rund ein Sechstel der Betroffenen braucht zusätzlich Trijodthyronin, also das Hormon T3.

Eine funktionierende Schilddrüse produziert beide Hormone, außerdem kann der Körper einen Teil des T4-Hormons in T3 umwandeln. Doch das klappt nicht bei allen Menschen zufriedenstellend, obwohl ein Teil dieser Umwandlung außerhalb der Schilddrüse passiert, nämlich in verschiedenen Organen und in der Muskulatur.

T3 ist ein Thema für Fortgeschrittene, deren fT4-Wert schon seit vielen Monaten im individuell ausgetüftelten Optimalbereich liegt. (Hilfe dazu finden Sie in Teil 3 – Behandlung mit L-Thyroxin.) Wenn kleine Erhöhungen und Senkungen nichts mehr bringen, aber weiterhin Beschwerden vorhanden sind, dann lohnt es sich oft, an T3 zu denken und den fT3-Wert genauer zu beobachten. Wenn fT3 ständig niedrig im Referenzbereich liegt, ist das verdächtig. Das gilt in erster Linie bei Beschwerden, die zu einer gefühlten Unterfunktion passen, besonders Antriebsschwäche oder Müdigkeit. Bei manchen Menschen kann aber auch eine Überdosierung mit L-Thyroxin den fT3-Wert etwas drücken, sodass man bei hohem fT4-Wert auch an eine Senkung denken darf.

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Fehlt das Hormon T3 oder etwas anderes?

Allerdings könnten unspezifische Symptome auch andere Ursachen haben, etwa einen Mangel an Eisen oder Vitamin B12 (Kapitel 11.3). Wenn diese Stoffe knapp sind, sollte erst der betreffende Speicher ausreichend aufgefüllt werden, bevor man T3 in Betracht zieht. Hinzu kommt: Ein Mangel an Mineralstoffen und Spurenelementen (Magnesium, Eisen, Zink …) könnte sich durch die T3-Einnahme sogar ein wenig verstärken, weil T3 den Stoffwechsel und damit auch den Verbrauch beschleunigt (Link zu Teil 10). So oder so ist es meistens sinnvoll, vorhandene Mängel zuerst auszugleichen. Frauen ab 40 sollten sich außerdem über Prämenopause und Wechseljahre informieren (Link zu Kapitel 6.2.).

Oft wird behauptet, dass ein Selenmangel eine häufige Ursache ist, wenn die Umwandlung schwächelt und der fT3-Wert etwas niedriger ausfällt. Denn eine der Dejodasen, die bei der Umwandlung von T4 in T3 zum Einsatz kommen, ist ein Enzym, das Selen enthält (Thyroxin-5-Dejodase). So gesehen könnte die Einnahme von Selen vor einem Beginn mit T3 einen Versuch wert sein. Es stimmt aber nicht, dass Selen generell die Umwandlung verbessert: Es hilft hier nur, wenn Selenmangel tatsächlich ein wesentlicher begrenzender Faktor war, und das scheint selten der Fall zu sein. Andererseits wird kaum an das Spurenelement Zink gedacht, wenn noch Symptome vorhanden sind – möglicherweise ein Fehler.

Im Winter können bei manchen Menschen auch ein Mangel an Bewegung, Tageslicht und Vitamin D (Kapitel 11.4.) verschiedene Symptome mit sich bringen, die Menschen reagieren unterschiedlich empfindlich darauf. Andere Probleme wie eine Depression oder eine organische Erkrankung wären ebenfalls möglich, sodass man auch den Hausarzt einbeziehen sollte, bevor man wegen uneindeutiger Symptome mit T3 beginnt.

Siehe auch Teil 7 – Begleitende Krankheiten und Probleme: Wo könnte es sonst noch haken?

Soll ein gesunkener fT3-Wert behandelt werden?

Wenn der fT3-Wert während der Einstellungszeit mit L-Thyroxin etwas absinkt, ist das übrigens ganz normal und kein Grund, zusätzliches T3 einzunehmen. Auch eine zu hohe Dosis an L-Thyroxin führt bei manchen Menschen dazu, dass ihr fT3-Wert sinkt, um den Körper vor einem zu schnellen Stoffwechsel zu schützen. (Hintergrund: fT3 wirkt aktiver als fT4.) Bei anderen Menschen führt eine Erhöhung ihrer Dosis L-Thyroxin dazu, dass fT3 ebenfalls ansteigt – das lässt sich nicht vorhersagen.

Außerdem kann der fT3-Wert bei einer starken Erkältung oder Infektionskrankheit vorübergehend sinken, ebenso während einer Fastenkur – das ist ganz normal. Auch sonst braucht wegen eines kurzen Durchhängers des fT3-Wertes nicht gleich T3 dazugenommen werden. Es ist ein Thema für Fortgeschrittene in Sachen Hormoneinstellung, die auf anderen Wegen kein gutes Befinden erreichen.

Der Wohlfühl- oder Optimalbereich des fT3-Wertes ist ähnlich wie beim fT4-Wert eine mehr oder weniger individuelle Sache, sodass auch hier das Befinden eine Rolle spielt, wenn es darum geht, mit T3 zu beginnen und die Dosis anzupassen. FT3 ist nicht zuletzt für den Antrieb, die Stimmung und die Lebensfreude mitverantwortlich. Ein Morgentief oder eine depressive Verstimmung kann in manchen Fällen durch etwas T3 verschwinden oder nachlassen, sicher ist das aber nicht.

Auch Menschen, deren fT3-Wert auf dem Papier scheinbar völlig in Ordnung ist, profitieren manchmal von ein klein wenig T3. Andererseits gibt es auch Menschen, die T3 gar nicht vertragen, obwohl ihr fT3-Wert ständig unter 3,0 pg/ml liegt und verdächtige Symptome vorhanden sind. FT3 darf aber auch niedrig-normal sein, wenn sich jemand damit gut fühlt – der Wert muss nicht mit Medikamenten verschönert werden.

Mangel an T3 durch Krankheiten und Diäten

Neben einer schlechten Umwandlung des Hormons T4 in T3 oder einer Überdosierung von L-Thyroxin können auch noch andere Ursachen für einen eher niedrigen fT3-Wert verantwortlich sein. Sie sollten vor einer Behandlung mit T3 bedacht werden: Beim Fasten sinkt fT3 ab, der Körper schaltet auf Sparflamme. Eine Ernährung mit wenig Kohlenhydraten (Low Carb bis No Carb) kann ebenso einen gewissen Effekt in diese Richtung haben. Umgekehrt haben Menschen, die im Übermaß Kohlenhydrate essen, oft einen hohen fT3-Wert. Intensiver Sport könnte dagegen mehr fT3 verbrauchen und den Wert senken.

Siehe auch Kapitel 8.3.: Abnehmen bei Hashimoto mit Low-Carb-Diät?

Auch chronische Erkrankungen können die Schilddrüsenhormone verändern: Ein unzureichend behandelter Diabetes mellitus oder ein sehr hoher Cortisolwert kann einen niedrigen fT3-Wert nach sich ziehen. Dann sollte möglichst die Ursache des Problems angegangen und der fT3-Wert erst mal beobachtet werden.

Außerdem senken manche Betablocker den fT3-Wert, genauer gesagt: Die nicht selektiven Betablocker (z.B. Propanolol oder Nadolol) hemmen die Umwandlung. Ähnliches gilt womöglich für die Einnahme von Alpha-Liponsäure.

Vor Jahrzehnten wurde übrigens eine Weile versucht, eine Unterfunktion allein mit T3 zu behandeln, also ganz ohne L-Thyroxin (T4). Man ging damals noch davon aus, dass T4 und fT4 im Körper lediglich eine Speicherfunktion haben und nur fT3 direkt wirkt. Das ist aber nicht der Fall: Auch bei einem guten fT3-Wert können Beschwerden der Unterfunktion auftreten, zum Beispiel Gedächtnisprobleme, falls fT4 sehr niedrig liegt. Die alleinige T3-Therapie der Unterfunktion hat sich also nicht bewährt. Dennoch kommt es ab und zu vor, dass allzu experimentierfreudige Patientinnen – manchmal auch Ärzte – allein auf hoch dosiertes T3 setzen.

Voriges Kapitel: Hintergrund: So werden Referenzbereiche festgelegt

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