Jodsalz: Endokrinologen versus Terra Xpress
Ende März brachte das ZDF-Magazin „Terra Xpress“ einen Beitrag über Jod in Nahrungsmitteln (momentan noch in der Mediathek abrufbar). Es wurde gezeigt, dass der natürliche Jodgehalt von Eiern und Milchprodukten durch jodhaltige Zusätze in Futtermitteln erhöht wird. Deshalb kann der tatsächliche Gehalt deutlich höher liegen, als Lebensmitteltabellen und die Informationen der Hersteller von Schilddrüsenmedikamenten vermuten lassen. Im Gegensatz zum Jodsalz wird das nicht deklariert. Als Kritiker der Jodierung von Lebensmitteln traten ein Patient mit Hashimoto-Thyreoiditis und sein Schilddrüsenspezialist in der Sendung auf sowie der Lebensmittelkritiker und Buchautor Udo Pollmer.
Tierfutterjodierung und Jodsalz gegen den Kropf
Warum Jodzusätze im Tierfutter? Zu einem gewissen Grad hat die Landwirtschaft ein Interesse daran, dass Nutztiere ausreichend mit Jod versorgt sind und gute Erträge an Milch, Fleisch und Eiern bringen. Darüber hinaus gibt es aber noch hartnäckige Bestrebungen von Ärzten, die Jodaufnahme der Menschen und den Jodgehalt ihrer Lebensmittel weiter zu erhöhen – hier wirken mehrere Wege zusammen: Tierfutterjodierung, Jodsalz im Haushalt, Jodsalz in Fertigprodukten, Jodtabletten für Schwangere, Nahrungsergänzungsmittel und der Rat, mehr Seefisch zu konsumieren. Der „Arbeitskreis Jodmangel“ liefert seit Jahrzehnten eine begleitende Medienkampagne, damit auch in der Zeitung steht, dass Jod gesund und Jodmangel schädlich ist.
Das Ziel der Kampagnen und Empfehlungen ist, den Jodmangelkropf kollektiv zurück zu drängen. Nachteile für Menschen ohne Jodmangel oder mit anderen Schilddrüsenproblemen werden bestritten. Dieser Weg wurde nun durch Terra Xpress kritisiert. Der Protest der Entzauberten ließ nicht lange auf sich warten: Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie hat eine Pressemitteilung versandt, die dem ZDF „Fehlinformationen“ vorwirft und eine steile These bringt: Geschürte „Jodangst“ führt langfristig zu Jodmangelepidemie.
Jodausscheidung und Jodmangelgebiet
Für die Notwendigkeit der Jodierung wird mit Bevölkerungsstudien argumentiert, die die Jodversorgung messen, genauer gesagt, die Jodausscheidung einer Stichprobe von Menschen. Aus solchen Studien wird dann abgeleitet, ob Deutschland angeblich ein „Jodmangelgebiet“ ist oder nicht oder ob irgendwelche Bevölkerungsgruppen unterversorgt sind – immer im Durchschnitt betrachtet.
Mir kommt diese Argumentation sehr rückständig vor. Mich interessiert nicht, ob ich in einem angeblichen Jodmangelgebiet lebe, sondern wie viel Jod für den einzelnen Menschen optimal wäre. Moderne Landwirte nehmen Bodenproben, bevor sie ihre Felder düngen. Dann wird der Dünger auf den untersuchten Boden und seine Mängel abgestimmt und nur die tatsächlich benötigten Stoffe auf den Acker ausgebracht. Ein Landwirt düngt nicht, weil er irgendwo gelesen hat, dass Bayern angeblich ein Kaliummangelgebiet ist oder ein Phosphatmangelgebiet (derartige Fachbegriffe gibt es nicht), sondern weil sein Boden den Dünger braucht. Warum sind unsere Bauern weiter als unsere Schilddrüsenärzte?
Update: Das erwähnte Ernährungsbuch für Schilddrüsen-Patientinnen ist bereits erschienen, das Jodkapitel ist komplett in der Leseprobe enthalten.
Ein sehr gut geschriebener Artikel der schön darstellt, wo die Fehler in der Argumentation des AKJ liegen!
Danke!
Danke für den Kommentar!
(Für Neueinsteiger in die Diskussion: AKJ = Arbeitskreis Jodmangel, siehe Jodmangel.de)