Viele Hashimoto-Betroffene haben Gewichtsprobleme, manche zusätzlich eine Insulinresistenz (Link zu Kapitel 7.5). Nicht wenige von ihnen schwören bei ihrer Ernährung auf „Low Carb“, das heißt: Sie reduzieren die Menge und den Anteil der Kohlenhydrate an ihrer Ernährung. Beilagen mit hohem Stärkeanteil werden öfter durch Gemüse und Salat ersetzt, Brot und anderes Gebäck werden reduziert, auf Zucker und Alkohol wird praktisch ganz verzichtet. Das soll den Heißhunger dämpfen und das Abnehmen erleichtern. Wie viel die Kohlenhydrate unter dem Strich noch ausmachen, ist nicht einheitlich definiert. Die Extremform fast ohne Kohlenhydrate nennt man „No Carb“.

Gibt es da ständig Fleisch?

Low-Carb-Ernährung bedeutet aber nicht, dass man zweimal täglich Fleisch mit Salat oder Fisch mit Gemüse isst – es gibt auch etliche vegetarische und sogar vegane Low-Carb-Rezepte. Dabei stammen die Proteine aus Milchprodukten und Eiern, Hülsenfrüchten und Sojaprodukten, Hefeflocken und -aufstrichen, Nüssen und Samen oder auch aus Nussmus und Kokosmehl. Und weil Getreide bei Low Carb nicht komplett verboten ist, können auch proteinreiche Getreidearten und Pseudogetreide einiges beitragen, zum Beispiel Quinoa, Dinkel und Hafer. Auch veganes Proteinpulver ist eine Möglichkeit, allerdings braucht nicht jede einzelne Mahlzeit reich an Proteinen sein: Low Carb heißt nicht automatisch High Protein.

Da Fett bei Low Carb erlaubt ist, ist neuerdings oft von „Low Carb, High Fat“ die Rede. Das deutet bereits an, dass diese Diät nicht automatisch kalorienreduziert ist: Wer lediglich einen Energielieferanten durch einen anderen austauscht und sonst alles beim Alten lässt, wird nicht unbedingt Körperfett abbauen und an Gewicht verlieren.

Wer mit Low Carb beginnt, nimmt am Anfang sehr schnell ein oder zwei Kilo ab. Das liegt vor allem daran, dass sich der Glykogen-Speicher der Leber leert und dabei Wasser ausgeschieden wird.

Hier hilft Low Carb

Low-Carb-Ernährung

Low Carb statt No Carb: Hähnchensalat mit wenig Nudeln

Allerdings gibt es bei Low Carb weniger Blutzuckerschwankungen als bei einer Ernährung, die reich an Kohlenhydraten ist. Das kann besonders Menschen mit Insulinresistenz durchaus nützen und auch dazu beitragen, dass sie eine Diät überhaupt durchhalten.

Low-Carb-Diäten eignen sich außerdem gut, um eine nicht-alkoholische Fettleber in den Griff zu bekommen: Stehen dem Körper weniger Kohlenhydrate zur Verfügung, kann die Leber weniger Energie aus dem Glykogenspeicher mobilisieren und baut dafür mehr Leberfett ab. Auch lange Pausen zwischen den Mahlzeiten sind beim Entfetten der Leber vorteilhaft.

Die nicht-alkoholische Fettleber ist unter Übergewichtigen weit verbreitet, sie entsteht meist im Rahmen eines metabolischen Syndroms (Link zu Kapitel 7.5). Sogar bei dicken Kindern ist die Fettleber nicht selten. Die Diagnose wird mittels Ultraschall und Leberwerten gestellt. Dabei sollten andere Lebererkrankungen ausgeschlossen werden.

Link: Adipositas – Low-Carb entfettet die Leber und hilft beim Abspecken (Ärztezeitung 2009)
www.aerztezeitung.de/Medizin/Low-Carb-entfettet-die-Leber-und-hilft-beim-Abspecken-362399.html

Nachteile von Low Carb und No Carb

Eine Radikalversion („No Carb“) über lange Zeit ist nicht unbedingt empfehlenswert, weil dadurch wahrscheinlich das Schilddrüsenhormon T3 sinkt – und das verlangsamt den Stoffwechsel. Wenn Kohlenhydrate auf dem Speiseplan weitgehend fehlen und der fT3-Wert niedriger liegt als vorher, fällt den Mitmenschen oft ein typisches Symptom auf: Die schlechte Laune. Bei den Laborwerten hat das gesunkene fT3 oft den Effekt, dass das TSH steigen kann und sich dann noch weniger für die alleinige Beurteilung der Schilddrüsenwerte eignet als sonst (siehe auch Kapitel 4.3. über Umwandlung, Symptome und das Hormon T3).

Auch für den Muskelaufbau wäre es sinnvoll, ausreichend Kohlenhydrate zu konsumieren. Besonders nach dem Training ist es sinnvoll, Kohlenhydrate und Protein zu sich zu nehmen, um den Muskelaufbau zu unterstützen. Der Hintergrund: Wenn wir Kohlenhydrate konsumieren, schüttet die Bauchspeicheldrüse Insulin aus. Das Hormon Insulin hat bei Low-Carb-Fans einen schlechten Ruf, weil es in Kombination mit einem Kalorienüberschuss zum Fettaufbau beiträgt. Doch Insulin sorgt auch dafür, dass Blutzucker und Aminosäuren in die Muskelzellen gelangen und die Muskulatur gut versorgt und aufgebaut wird – wenn sie im Krafttraining oder im Alltag ausreichend beansprucht wird.

Wenn jemand während der Low-Carb-Diät kein Getreide isst und nur selten Hülsenfrüchte, kann es passieren, dass die Ballaststoffe knapp werden, denn Obst und Gemüse gleichen das nicht immer aus. Spätestens wenn Verstopfung auftritt, lohnt es sich, auf den Ballaststoff-Gehalt der häufig konsumierten Lebensmittel zu achten. Wenn es nötig scheint, können Sie Leinsamen oder Weizenkleie ergänzen oder einfach mehr Bohnen, Erbsen und Linsen essen, die auch Protein liefern. Zu wenig Ballaststoffe, viel rotes Fleisch und viel Fett erhöhen nämlich auch das Risiko, Darmkrebs zu bekommen.

Wenn man diese Schwachstellen berücksichtigt und nicht in Extreme verfällt, könnte eine Low-Carb-Ernährung auch langfristig beibehalten werden.

Es muss nicht immer Low Carb sein

Was das Abnehmen betrifft, gelingt es vielen Menschen auch gut ohne eine gezielte Low-Carb-Diät: Sie reduzieren ihre Kalorienzufuhr insgesamt etwas, denn das bleibt der wichtigste Punkt. Auch eine fettreduzierte Ernährung, wie sie früher meist zum Abnehmen empfohlen wurde, ist völlig in Ordnung. Nicht alle Menschen spüren Heißhunger nach dem Konsum von Kohlenhydraten, das Gegenteil kommt auch oft vor: Fehlen die Kartoffeln oder der Reis beim Mittagessen, hat mancher Mensch in den nächsten Stunden umso stärker das Gefühl, unbedingt einige Kekse oder einen Riegel Schokolade zu brauchen.

Völlig fettfrei sollte die tägliche Ernährung allerdings auch nicht sein, zumindest nicht auf Dauer: Wir brauchen etwas Fett, um fettlösliche Vitamine (A, D, E, K und Karotinoide) (Teil 11) aus der Nahrung aufzunehmen. Außerdem ist das Cholesterin in unserem Stoffwechsel ein unverzichtbarer Baustein für weitere Substanzen, nämlich für die Sexualhormone (Teil 6) und das Vitamin D. Für begrenzte Zeit wäre der Verzicht auf Fett in Ordnung, denn einen Großteil des Cholesterins stellt der Körper selbst her. Selbstverständlich sollte während jeder Diät auch auf eine gute Versorgung mit Proteinen geachtet, aber nicht übertrieben werden.

Ansonsten kommt es darauf an, welche Diät oder Ernährungsumstellung jemand im Alltag tatsächlich durchhalten kann. Abzunehmen und das Gewicht zu halten hat mehr mit festen und hilfreichen Gewohnheiten zu tun als mit den neuesten Ernährungsmoden und Diätrezepten. Welche Art von Diät am besten zum eigenen Typ passt, ist individuell unterschiedlich – das gilt für den Lebensstil genauso wie für den Stoffwechsel. Auch Diät-Empfehlungen, die speziell im Zusammenhang mit Hashimoto genannt werden, sind nur Vorschläge, die jeder für sich prüfen und verändern darf.

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