Nicht nur bei Hashimoto-Thyreoiditis oder Unterfunktion gilt: Viele chronisch Kranke, die sich näher mit ihrer Erkrankung befassen und etwas für ihre Gesundheit tun möchten, interessieren sich für Nahrungsergänzungsmittel (abgekürzt NEM). Damit sind Präparate gemeint, die verschiedene Vitamine, Mineralien und Spurenelemente enthalten können. Das bietet tatsächlich vielen Menschen einige Möglichkeiten, die eigene Versorgung mit wichtigen Stoffen zu verbessern. Wichtig ist aber, gut informiert und beraten zu sein.

Die Grenzen von Nahrungsergänzungsmitteln

Komplexe Krankheiten allein mit Mineral- und Vitaminpräparaten zu behandeln, reicht normalerweise nicht aus. Eine Fehlprogrammierung des Immunsystems, wie sie bei einer Hashimoto-Thyreoiditis und anderen Autoimmunerkrankungen (Kapitel 7.3.) vorliegt, kann nicht durch Nahrungsergänzungsmittel oder eine gesunde Ernährung aufgehoben werden. Unser Stoffwechsel ist leider viel komplizierter als ein Rezept für ein natürliches Shampoo oder ein Waschmittel, bei dem man nur die nötigen Zutaten zu kombinieren braucht, damit alles funktioniert wie gewünscht.

Deshalb bringt es auch keine Vorteile, die Aminosäure Tyrosin zusätzlich als Präparat einzunehmen, auch wenn sie von der Schilddrüse als Baustein für die Hormone T3 und T4 benötigt wird: Eine Unterfunktion beruht nicht auf einem Tyrosin-Mangel.

Auch bei ernsten psychischen Problemen genügt eine Nährstofftherapie mit Vitaminen und Mineralien oder auch Aminosäuren normalerweise nicht als alleinige Therapie: Die Wirklichkeit ist doch etwas komplexer, als der Spruch „du bist, was du isst“ uns weismachen will. Vitamine und Mineralien helfen nur dann, wenn ein Problem tatsächlich durch den entsprechenden Mangel verursacht wurde.

Wann sind Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll?

Die Einnahme von Vitaminen und Mineralien ist also sinnvoll, wenn jemand einen nachgewiesenen Mangel oder einen erhöhten Bedarf hat, zum Beispiel bei veganer Ernährung oder in der Schwangerschaft. Nahrungsergänzung kann auch einen Versuch wert sein, wenn eine vorbeugende Einnahme der gewählten Vitamine oder Mineralien sicher nicht schadet und ein Mangel des betreffenden Stoffs sowieso nur schwer nachgewiesen werden könnte. Mehr dazu lesen Sie in den folgenden Kapiteln von Teil 10 – Mineralstoffe und Spurenelemente sowie Teil 11 – Vitamine.

Außerdem gibt es den Sonderfall Vitamin D: Dieses Vitamin kann unter üblichen Umständen nicht ausreichend mit der Nahrung aufgenommen werden. Der Körper kann es zwar bei ausreichend Sonne auf der Haut selbst bilden, aber nicht im Spätherbst und in den Wintermonaten, weil die Sonne in Mitteleuropa zu tief steht. Wer einen Mangel vermeiden will, kommt um die Einnahme nicht von Vitamin D herum.

Blogartikel: Vitamin-D-Mangel vorbeugen
https://schilddruesen-unterfunktion.de/2012/10/vitamin-d-mangel-vorbeugen/

Was Sie ebenfalls wissen sollten

Viele Symptome eines Vitamin- oder Mineralstoffmangels sind leider nicht sehr charakteristisch. Man kann also aus einem einzelnen Symtom selten direkt schließen, welches Vitamin oder Mineral fehlen könnte, sondern höchstens Verdacht schöpfen. Um sinnvolle Untersuchungen nicht zu verpassen, hilft es aber, sich gut über die wichtigsten Stoffe zu informieren. Mehr darüber erfahren Sie in den einzelnen Kapiteln von Teil 10 und Teil 11.

Wichtig zu wissen ist auch, dass ein Mangel an Magensäure diverse Mängel mit sich bringen kann, weil sich die Aufnahme von Mineralien und manchen Vitaminen verschlechtert. Das gilt auch für die Einnahme von Magenschutz-Präparaten. Wenn der Magenschutz langfristig notwendig ist, sollten Sie mit dem Arzt besprechen, wie mit diesen Konsequenzen umgegangen werden soll.

Manchmal liegen die Ursachen von Beschwerden aber auch in ganz anderen Bereichen, die gar nichts mit Mängeln zu tun haben. Deshalb sollte man sich nicht voreilig auf Nahrungsergänzung versteifen, sondern auch an die Schilddrüse und mögliche Begleiterkrankungen denken – siehe auch Teil 7 über einige weitere Krankheiten und Probleme.

Können Nahrungsergänzungsmittel schaden?

Bei manchen Mitteln kann eine Überdosierung schaden, zum Beispiel bei einigen fettlöslichen Vitaminen. Andere sind zwar unproblematischer, können aber bei allzu großzügiger Dosierung trotzdem Beschwerden mit sich bringen, zum Beispiel Vitamin B6 und das Spurenelement Zink. Außerdem gibt es eine Eisenspeicherkrankheit, bei der die Betroffenen möglichst wenig Eisen aufnehmen sollen. Das gilt sinngemäß auch für Kupfer. Wer Allergien oder Unverträglichkeiten hat, sollte die Inhaltsstoffe sorgfältig durchlesen, weil auch manche Hilfsstoffe einige Probleme auslösen können.

Einige Medikamente werden durch manche Vitamine und Mineralien in ihrer Wirkung beeinträchtigt. Das kann die gleichzeitige Einnahme betreffen (wie bei L-Thyroxin und Mineralien). Es gibt aber auch einige spezielle Medikamente, deren Wirkung auch bei zeitversetzter Einnahme untergraben wird. Wenn Sie außer L-Thyroxin noch andere Medikamente brauchen, können Sie sich im Zweifel ärztlich oder in der Apotheke beraten lassen. Mögliche Einflüsse auf die Wirkung von L-Thyroxin sind in diesem Ratgeber weitgehend berücksichtigt.

Sind Multivitamintabletten sinnvoll?

Ob Multipräparate sinnvoll sind, hängt von der Zusammensetzung ab: Wer hier sicher gehen möchte, kommt nicht darum herum, sich mit den Einzelheiten zu befassen. Es gibt einfache Vitamintabletten, teils mit einer mäßigen Dosis Zink ergänzt, die ihren Sinn haben können und zumindest nicht schaden. Es existieren aber keine Rundum-Sorglos-Tabletten, die alles abdecken können, zumal der Bedarf individuell verschieden ist.

Hinzu kommen weitere Nachteile: Manche Mineralien und Spurenelemente sollten Sie besser getrennt voneinander einnehmen, weil sonst das höher dosierte Mineral das andere zu stark verdrängt: Zink wird zum Beispiel kaum aufgenommen, wenn zugleich eine relevante Menge an Magnesium enthalten ist. Außerdem sollten Sie Mineralien möglichst nüchtern oder mit Saft einnehmen, um sie gut aufnehmen zu können. Fettlösliche Vitamine wie Carotin oder Vitamin D (Teil 11) nehmen Sie besser mit einer fetthaltigen Mahlzeit ein. An diesen Gesetzmäßigkeiten kommt auch kein Hersteller vorbei.

Über den unter Heilpraktikerinnen beliebten Vitaminsaft von „LaVita“ sollte man noch wissen, dass die enthaltenen Kräuter und der Histamingehalt des vergorenen Gemüses nicht für alle Menschen verträglich sind, falls sie Allergien oder ein Histaminproblem haben.

Gleich weiter zu Teil 10 – Mineralstoffe und Spurenelemente springen

Nahrungsergänzungsmittel online und im Laden kaufen

Vitamine und Mineralstoffe bekommen Sie in Apotheken und Drogerien, zum Teil auch in Supermärkten. Sie werden entweder als Einzelpräparat oder in kombinierter Form als Multipräparat angeboten. In der Apotheke können Sie sich zusätzlich beraten lassen.

Falls Sie Nahrungsergänzungsmittel via Internet bestellen, achten Sie bitte auf seriöse Bezugsquellen, bei Bestellungen aus dem Ausland zusätzlich auf die Einfuhrvorschriften Ihres Landes. Ansonsten könnte es zum Beispiel passieren, dass ein bestelltes Präparat aus Nicht-EU-Staaten nicht durch den deutschen Zoll kommt.

Die entscheidenden Inhaltsstoffe von Nahrungsergänzungsmitteln – also die Vitamine und Minerale – sollten mit Mengenangabe aufgelistet sein. Außerdem können Sie auf der Packung lesen, wie viel Prozent des Tagesbedarfs die Tablette oder Tagesportion abdeckt. Achten sie genau darauf, welche Zahlen sich auf die einzelne Tablette oder Kapsel beziehen oder auf die vom Hersteller empfohlene Tagesdosis, denn hier kann es leicht Missverständnisse geben. Auch die Zusatzstoffe müssen deklariert sein.

Nahrungsergänzungsmittel oder Medikament – der Unterschied

Mineralien, Spurenelemente und Vitamine gibt es zur Nahrungsergänzung und als Arzneimittel. Der wesentliche Unterschied: Nahrungsergänzungsmittel werden frei im Handel angeboten – in Apotheken, Drogerien, Supermärkten und Internet-Shops.

Nahrungsergänzungsmittel müssen in Deutschland nicht zugelassen werden, sondern nur beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) angezeigt. Sie dürfen nicht mit arzneilichen (pharmakologischen) Wirkungen werben, denn sie gelten offiziell nur als „gesundheitsfördernd“. Eine Wirkung können sie selbstverständlich trotzdem haben, es kommt letzten Endes auf den tatsächlichen Inhalt eines Präparats an.

Für Präparate, die als Arzneimittel zugelassen sind, gelten höhere Auflagen, denn sie müssen ein behördliches Zulassungsverfahren durchlaufen. Dabei müssen Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nachgewiesen werden. Solche Präparate gibt es in der Regel nur in der Apotheke. Sie können dort aber trotzdem frei verkäuflich sein, zum Beispiel etwas höher dosierte Eisentabletten zur Behandlung eines Mangels. Die Pharmazentralnummer (PZN) bedeutet nur, dass ein Produkt im Bestellsystem der deutschen Apotheken enthalten ist, deshalb finden Sie manche dieser Produkte auch in Drogerien.

Link: Nahrungsergänzungsmittel versus Arzneimittel (Pharmazeutische Zeitung 2010)
www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-302010/nahrungsergaenzungsmittel-versus-arzneimittel/

Bei Arzneimitteln dürfen Mengenangaben auf der Verpackung höchstens um fünf Prozent von der tatsächlichen Dosierung der Wirkstoffe abweichen, bei Nahrungsergänzungsmitteln sind größere Abweichungen bis zu 50 % möglich.

Bei nachgewiesenem Mangel können Ärzte einige Präparate wie Eisen, Vitamin B12 oder Vitamin D als Medikament verschreiben. Diese Arzneimittel sind zum Teil höher dosiert als Nahrungsergänzungsmittel. Aber Produkte an ihre eigenen Patientinnen verkaufen dürfen sie in Deutschland nicht. Ärztinnen dürfen zwar getrennt von ihrer Arztpraxis gewerblichen Handel treiben, aber es ist nicht zulässig, die Daten der Patienten zur Kundengewinnung zu verwenden. Damit soll verhindert werden, dass das Vertrauen in den Arzt für anderweitige geschäftliche Interessen ausgenutzt wird.

Link: Wenn der Arzt zur Nahrungsergänzung rät (Klartext Nahrungsergänzung)
www.klartext-nahrungsergaenzung.de/wissen/projekt-klartext-nem/wenn-der-arzt-zur-nahrungsergaenzung-raet-28790

Zum vorigen Kapitel Was bietet die Homöopathie?

Zurück zur Übersicht Teil 9 – Naturheilkunde und Alternativmedizin

Es folgt Teil 10 – Mineralstoffe und Spurenelemente