Heutzutage haben viele Menschen eine Schilddrüsen-App auf ihrem Smartphone und verwalten damit ihre Laborwerte digital. Dagegen spricht nichts, sofern man dem Anbieter vertraut und die Daten zusätzlich selbst gesichert hat. Denn eine App kann jederzeit eingestellt werden.

Manche App rechnet die Schilddrüsenwerte in Prozente um. Auch einige Webseiten bieten diese Funktion an: Die Nutzer tippen ihre Laborwerte und die zugehörigen Referenzbereiche in die passenden Felder des Online-Formulars ein und erhalten für jeden Wert eine Prozentangabe.

Wie kommen diese Prozentwerte zustande?

Diese Apps und Webformulare beruhen auf einer Rechenformel, die die Untergrenze des Referenzbereichs als 0 % definiert, die Obergrenze als 100 %. Liegt ein Laborwert genau in der Mitte des zugehörigen Referenzbereichs, kommen folglich 50 % heraus. Diese Umrechnung hilft manchen Anwenderinnen zu erkennen, ob ihr Wert eher im unteren, im mittleren oder im oberen Bereich des jeweiligen Referenzbereichs liegt.

Wirklich nötig ist diese Prozent-Umrechnung nicht: Wenn Sie ohnehin immer dasselbe Labor nutzen, können Sie auch ohne Prozentwerte bald einschätzen, wo Ihre Werte liegen. Dabei ist es hilfreich, den Mittelwert des Referenzbereichs zu ermitteln.

Wie rechnet man die Mitte eines Referenzbereichs aus? Nehmen wir als Beispiel einen fT3-Referenzbereich 2,0 bis 4,4 pg/ml, den man häufig sieht. Zuerst ermitteln Sie die Differenz zwischen den Grenzwerten, indem Sie den unteren Wert vom oberen Wert abziehen (Resultat 2,4 Einheiten). Diese Zahl halbieren Sie (Resultat 1,2) und addieren dieses Ergebnis auf die Untergrenze auf (oder ziehen es von der Obergrenze ab): 2,0 pg/ml plus 1,2 ergibt einen Mittelwert von 3,2 pg/ml.

Mit derselben Methode können Sie die obere und untere Hälfte noch einmal teilen, sodass Sie den Referenzbereich in Viertel unterteilen: Das untere Viertel reicht dann von 2,0 bis 2,6 pg/ml, das obere Viertel von 3,8 bis 4,4 pg/ml. Wenn Sie den Referenzbereich dritteln (2,4 Einheiten geteilt durch 3), liegen die Grenzen zwischen den Dritteln bei 2,8 und 3,6 pg/ml.

Was sagen die Prozentwerte aus?

Aus den Prozentzahlen zu fT3 und fT4 ergibt sich nicht, ob die zugrunde liegenden Schilddrüsenwerte gut für Sie sind! Ein hoher Wert ist auch nicht immer besser als ein niedriger – die Schilddrüsenwerte funktionieren anders als ein Treibstofftank.

Ihr fT3- und fT4-Wert müssen auch nicht zwingend in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen oder ähnliche Prozentzahlen aufweisen. Liegt ein freier Hormonwert nahe der Unter- oder Obergrenze eines Referenzbereichs, sollten Sie aber prüfen, ob möglicherweise eine Unter- oder Überversorgung mit dem betreffenden Hormon vorliegt – das klappt auch ohne die Prozente gut. (Das bezieht sich auf Schilddrüsenwerte, die im Lauf einer Behandlung mit L-Thyroxin und ggf. mit zusätzlichem T3 entstehen. Im Prinzip gilt das aber auch für die Diagnostik. Umfassende Informationen zur Diagnose von Unterfunktion und Hashimoto finden Sie in Teil 2 dieses Ratgebers.)

Eine vermutete Unterversorgung mit fT4 sollten Sie mit Ihrem Behandler immer zuerst angehen, indem die Dosis L-Thyroxin behutsam erhöht und die Wirkung auf Befinden und Werte beobachtet wird. Eine Unter- oder Überversorgung mit Schilddrüsenhormonen wird nicht dadurch besser, dass sie für beide Hormone gilt und die Prozente etwa gleichauf liegen – das Problem verstärkt sich eher noch, wenn statt nur einem Hormon gleich alle beide zu viel oder zu knapp vorhanden sind.

Ein hoher fT4-Wert in Kombination mit einem fT3-Wert im unteren Normalbereich muss also nicht immer eine schwache Umwandlung oder gar Umwandlungsstörung bedeuten. Manchmal heißt das einfach nur, dass jemand L-Thyroxin überdosiert hat.

Was besagen die Prozentwerte nicht?

Noch eine Bemerkung zur Genauigkeit: Bei einem fT3-Referenzbereich von beispielsweise 2,0 bis 4,4 pg/ml entspricht ein Messwert von 3,2 pg/ml wie gesagt 50 %, ein Wert von 3,3 pg/ml ergibt schon 54 %. Dabei ist es sehr unwahrscheinlich, dass Sie diesen kleinen Unterschied überhaupt spüren können. Deshalb lohnt es sich gar nicht, sich über einige Prozentpunkte hin oder her Gedanken zu machen. (Wenn Sie ein T3-Präparat nehmen und die Dosis über den Tag verteilen, hängt der fT3-Wert außerdem erheblich davon ab, wann Sie die letzte Tablette eingenommen haben. Mehr über T3 lesen Sie ab dem übernächsten Kapitel.)

Es hat auch keinen Sinn, derartige Prozentzahlen mit Stellen hinter dem Komma zu notieren, anstatt sie zu runden. Je umständlicher die Prozentangaben sind, umso leichter passieren Fehler, falls Sie ermittelte Prozentwerte von Hand in ein anderes Dokument übertragen. In Online-Foren zeigt sich, dass das tatsächlich öfter vorkommt. Sie dürfen bei den Prozentzahlen die Stellen hinter dem Komma einfach weglassen.

Vergleich von Schilddrüsenwerten aus anderen Labors

Achtung: Die Prozentwerte eignen sich nicht, um Schilddrüsenwerte aus verschiedenen Labors über alle Unterschiede hinweg miteinander zu vergleichen! Das funktioniert höchstens dann, wenn die Referenzbereiche und das Messverfahren sowieso weitgehend übereinstimmen. Den TSH-Wert in Prozent umzurechnen ist ganz unnötig, da Sie die TSH-Werte provisorisch direkt vergleichen dürfen und ein exakter Vergleich bei verschiedenen Laboren nicht möglich ist.

Es hat auch wenig Sinn, Ihre Prozentwerte zu sehr mit denen anderer Menschen zu vergleichen, denn diese nutzen wahrscheinlich ein anderes Labor und haben womöglich einen anderen persönlichen Optimalbereich (auch Wohlfühlwerte genannt) als Sie. Das könnte unter anderem daran liegen, dass die Hormone in den Zellen, wo sie letzten Endes gebraucht werden, nicht bei allen Betroffenen gleich gut wirken. Die Laborwerte werden aber nicht in den Zellen, sondern im Serum gemessen.

Damit eine App nicht nur bei der Sammlung und Visualisierung der Werte eine Hilfe wäre, sondern auch ganz entscheidend bei der Hormondosierung, müsste deutlich mehr berücksichtigt werden als nur die aktuellen Laborwerte. Auch Ihre Symptome sowie der zeitliche Verlauf der Dosis und der Werte wären unter anderem wichtig. Da es so eine komplexe App nicht gibt, ist ein Verständnis der Zusammenhänge bei wachsender Erfahrung immer noch die beste Hilfe.

Tipps zum Laborwechsel

Wenn Sie dieselbe Blutprobe in zwei Labors mit weit auseinander liegenden Referenzbereichen geben, kommen womöglich halbwegs ähnliche Messwerte, aber völlig verschiedene Prozente heraus. Das Gegenteil – unterschiedliche Messwerte, aber ähnliche Prozente – ist auch nicht ausgeschlossen. Machen Sie sich also erst gar nicht auf die Suche nach Ihren idealen Prozentwerten, sondern beobachten Sie Ihre gemessenen Werte und Ihr zugehöriges Befinden lieber auf dem direkten Weg.

Wenn Sie regelmäßig zwischen zwei Labors wechseln, zum Beispiel weil Sie eine Hausärztin und einen Facharzt haben, könnten Sie selbst überprüfen lassen, inwieweit die Laborergebnisse unterschiedlich ausfallen: Lassen Sie die Blutprobe bei einem Labortermin doppelt nehmen und bringen Sie das zweite Röhrchen anschließend unter korrekten Bedingungen in die andere Praxis oder in deren Labor, um es dort untersuchen zu lassen. Klären Sie die Sache vorher telefonisch, damit die Blutprobe tatsächlich angenommen wird. Womöglich müssen Sie die zweite Messung selbst bezahlen, aber das könnte die Sache wert sein.

Generell nötig ist dieses Experiment aber nicht: Sie dürfen die Werte aus Labor 1 und Labor 2 auch zweigleisig beobachten, indem Sie aktuelle Werte immer nur mit ihren Vorgänger-Werten aus demselben Labor vergleichen. Es kommt außerdem gelegentlich vor, dass man das gemessene Ergebnis trotz verschiedener Referenzbereiche direkt vergleichen könnte – das zeigt sich aber erst mit der Zeit.

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