Auch bei Männern kann es vorkommen, dass zu wenig Sexualhormone produziert werden. Wenn nötig, kann das ein Androloge oder Endokrinologe genauer abklären. Das wichtigste Hormon ist hier das Testosteron, das in den Hoden hergestellt wird.

Ein Mangel an Testosteron kann allerhand Symptome mit sich bringen: Verminderte Spermienzahl, Rückgang der Libido und der Erektionen, Abnahme der Körperbehaarung, Verminderung der Muskelmasse und Knochendichte, leichte Anämie sowie eher unspezifische psychische Veränderungen. Es kann vorkommen, dass Antrieb und Konzentration vermindert sind, was möglicherweise schwer von einer leichten Unterfunktion der Schilddrüse zu unterscheiden ist. Dass Testosteron aggressiv macht, ist auch heutiger Sicht übrigens fraglich – womöglich handelt es sich um ein Klischee.

Testosteronmangel und Ursachen abklären

Die Testosteron-Ausschüttung hängt von der Tageszeit ab, deshalb wird die Blutprobe üblicherweise morgens genommen. Die Testosteron-Produktion könnte durch eine Schilddrüsenunterfunktion vermindert sein, in diesem Fall sollte sich die Sache durch die passende Dosis L-Thyroxin bald wieder normalisieren.

Es kommen aber auch andere Ursachen in Frage, zum Beispiel Alkoholismus oder Diabetes. Bei starkem Mangel an Testosteron sollte zusätzlich an Störungen des Regelkreises und der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) gedacht werden: Auch die Sexualhormone werden von hier aus gesteuert, bei Männern wie bei Frauen durch FSH und LH.

Wechseljahre des Mannes – Testosteronmangel behandeln?

Dass ältere Männer einen niedrigeren Testosteronspiegel haben als jüngere, ist übrigens ganz normal. Das wird auch bei der Auswertung der Laborwerte berücksichtigt. Eine Hormonbehandlung mit Testosteron-Gel oder Depotspritzen ist deshalb nur bei zusätzlichen Problemen sinnvoll. Die Krankenkasse zahlt nur in eindeutigen Fällen.

Dass Männer im Alter normalerweise keine typischen Wechseljahres-Beschwerden mit Hitzewallungen bekommen, liegt daran, dass Testosteron im Lauf des Lebens langsamer und gleichmäßiger absinkt als die Östrogene bei Frauen. Im höheren Alter haben Männer nur noch wenig Testosteron, daher liest man gelegentlich den Ausdruck „Andropause“.

Außerdem kann ein Mangel an Zink (Kapitel 10.4.) oder Vitamin D (Kapitel 11.4.) den Testosteronwert ein wenig senken. Auch ein noch halbwegs akzeptabler Alkoholkonsum kann die Testosteronbildung etwas bremsen. Es könnte sich also lohnen, sich eigenständig um diese Themen zu kümmern.

Ausdauersport und Muskeltraining wirken sich nicht nur vorteilhaft auf die Fitness aus, sondern auch auf die Testosteron-Produktion. Besonders geeignet ist Intervalltraining mit kurzen, intensiven Einheiten. Man sollte es aber mit dem sportlichen Training nicht übertreiben: Sonst wird zu viel vom Schilddrüsenhormon T3 verbraucht, das kann müde machen und die Stimmung etwas drücken. Übertraining könnte sogar die Testosteron-Produktion bremsen. Sich mit deutlich jüngeren oder gesünderen Männern messen zu wollen, ist also nicht sinnvoll.

Östrogen und Progesteron beim Mann

Östrogene und Progesteron kommen im männlichen Körper ebenfalls vor, allerdings in geringeren Mengen als bei Frauen. Der Körper kann Testosteron nach Bedarf in Estradiol umwandeln. Da Fettgewebe auch Östrogene produziert, begünstigt Übergewicht bei Männern (wie bei Frauen) eine Östrogen-Dominanz. Das kann bei Männern in Form eines Brustansatzes sichtbar werden. Schadstoffe aus der Umwelt, die ähnlich wie Östrogene wirken (so genannte Xenoöstrogene), können auch einiges durcheinander bringen und sogar die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Bestehen Zweifel an der Zeugungsfähigkeit, kann sie per Spermiogramm überprüft werden.

Anders als die Östrogene verweiblicht Progesteron den Körper nicht: Auch Männer haben es als Fetus im Mutterleib in hoher Konzentration erlebt. Deshalb könnten im Prinzip auch Männer von Progesteron profitieren, zum Beispiel bei einer Osteoporose oder einer Östrogen-Dominanz. Allerdings besteht hier viel weniger Erfahrung als mit der Progesteron-Behandlung von Frauen (Link zum vorletzten Kapitel), sodass die praktischen Möglichkeiten für Männer derzeit noch begrenzt sind. Einzelne Ärzte behandeln aber bereits eine vergrößerte Prostata (Prostata-Hyperplasie) mit Progesteron. Progesteron-Gel wird auf die Haut aufgetragen, Kapseln können wie Zäpfchen verwendet werden. Progesteron und Testosteron sind verschreibungspflichtig.

Weitere Möglichkeiten mit DHEA und Pregnenolon

In der Behandlung von Männern bekannter ist die Anwendung von Dehydroepiandrosteron (DHEA), einem schwach wirksamen Androgen, das vor allem in der Nebennierenrinde produziert wird. Im Lauf des Lebens sinkt die DHEA-Produktion erheblich ab. Der Körper kann DHEA in Testosteron und Östrogene umwandeln, dabei fördert Alkoholkonsum die Umwandlung in Östrogen. Auch Progesteron kann in Testosteron umgewandelt werden, allerdings in geringerem Maß als DHEA.

Schließlich gibt es noch das Pregnenolon, das ist der gemeinsame Ausgangsstoff der Hormone DHEA und Progesteron und kann in diese umgewandelt werden. Der Körper stellt Pregnenolon selbst her, vor allem in den Nebennierenrinden, aber auch in den Hoden (oder Eierstöcken), der Leber und dem Gehirn. Ab einem Alter von etwa 30 Jahren sinkt die Produktion allmählich. Manche Menschen spüren mit zunehmendem Alter, dass sie weniger Energie haben oder ihr Gedächtnis nicht mehr so gut arbeitet. Das kann mit dem sinkenden Pregnenolon-Spiegel zusammenhängen. Pregnenolon kann als Creme auf Privatrezept ärztlich verordnet werden, sofern es noch nicht rezeptfrei zu bekommen ist.

Auch wenn diese Hormone nicht krebserregend wirken: Wer Sexualhormone oder deren Vorstufen anwendet, sollte sicherheitshalber besonders konsequent sein, was die Früherkennung von Prostatakrebs betrifft. Außerdem sollten Männer darauf achten, das Spurenelement Selen (siehe Kapitel 10.2.) nicht in übermäßiger Dosis einzunehmen, weil das Prostatakrebs begünstigen könnte. Ein Mangel darf aber ausgeglichen werden.

Weiter geht es mit Teil 7 – Begleitende Krankheiten und Probleme: Wo könnte es sonst noch haken?

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