Eine Unterfunktion der Schilddrüse hat immer einen Grund, auch wenn sich dieser nicht immer eindeutig klären lässt – eine so genannte „normale Unterfunktion“ gibt es genau genommen nicht. Informationen zur individuellen Abklärung der Ursache finden Sie im Teil 2 – Wege zur Diagnose.

Unterfunktion durch Hashimoto-Thyreoiditis

Die häufigste Ursache der Unterfunktion ist heutzutage die Hashimoto-Thyreoiditis: Das ist eine Autoimmunerkrankung, die mit einer leichten Entzündung der Schilddrüse (Thyreoiditis) einhergeht und das Organ angreift. Die Krankheit ist nach dem japanischen Arzt Hakaru Hashimoto benannt, der sie im Jahr 1912 erstmals medizinisch beschrieben hatte. In Japan ist die Krankheit bekannter und auch häufiger als in Europa.

Es gibt noch einige andere Schilddrüsen-Entzündungen, die zur Unterfunktion führen können: Dazu zählen die postpartale Thyreoiditis, die sich oft im ersten Halbjahr nach einer Geburt entwickelt und der Hashimoto-Thyreoiditis sehr ähnelt. Auch die sehr schmerzhafte Thyreoiditis de Quervain kommt ab und zu vor. Andere Entzündungen der Schilddrüse sind selten. Angeborene Unterfunktionen sind möglich, werden aber heutzutage kurz nach der Geburt entdeckt. Einige weitere spezielle Ursachen der Unterfunktion lassen sich in Fachbüchern nachlesen und kommen in diesem Ratgeber nur am Rand vor.

Unterfunktion wegen Jodmangel?

Ein Jodmangel für sich allein führt in der Regel nicht zu einer deutlichen Unterfunktion, auch wenn das in oberflächlichen oder werblichen Berichten manchmal anders dargestellt wird. Die typische Folge eines länger bestehenden Jodmangels wäre im heutigen Mittel- und Westeuropa eher eine leicht bis stark vergrößerte Schilddrüse, die aber noch ausreichend Hormone produziert. (Mehr dazu im Kapitel 2.8. über Jodmangel.)

Zahlreich sind aber diejenigen, die dauerhaft Schilddrüsenhormone einnehmen müssen, nachdem ihre Schilddrüse teilweise oder vollständig entfernt wurde – auch darauf geht dieser Ratgeber ein. Es gibt verschiedene Gründe, die eine solche Operation notwendig machen können. Der häufigste Grund ist eine stark vergrößerte Schilddrüse mit oder ohne Knoten. Die wichtigsten Ursachen einer Unterfunktion sind also die (Teil-)Entfernung der Schilddrüse und die Hashimoto-Thyreoiditis.

Unterfunktion durch Medikamente

Gelegentlich kommt es vor, dass bestimmte Medikamente eine Unterfunktion auslösen. Psychiater verschreiben Lithium oft bei bipolaren Störungen. Es kann sich allerdings in der Schilddrüse anreichern und dort den Stoffwechsel hemmen: Das betrifft die Freisetzung von Hormonen sowie von Jod. Eine Behandlung mit Lithium führt deshalb nicht selten zu einer Unterfunktion, die aber mit Schilddrüsenhormonen ausgeglichen werden kann.

Auch das Medikament Interferon-Alpha und eine bestimmte Chemotherapie (Tyrosinkinasehemmer) können die Schilddrüse in ihrer Funktion beeinträchtigen, ferner einige neurologische Präparate. Außerdem können manche Medikamente eine Hashimoto-Thyreoiditis auslösen und auf diesem Weg langfristig eine Unterfunktion nach sich ziehen. Siehe auch übernächstes Kapitel: Die Hashimoto-Thyreoiditis und ihre Auslöser.

Östrogen haltige Medikamente wie manche Anti-Baby-Pille können übrigens den Bedarf an Schilddrüsenhormonen erhöhen. Doch das spielt vor allem bei denjenigen Frauen eine Rolle, die bereits aus anderen Gründen eine Unterfunktion oder Hashimoto haben, denn eine gesunde Schilddrüse sollte einen leicht erhöhten Bedarf ausgleichen können.

Link für Fachleute: P. Wolf, Y. Winhofer, M. Krebs: Beeinflussung der Schilddrüsenfunktion durch Medikamente. J KLIN ENDOKRINOL STOFFW 2014; 7 (2)
https://www.kup.at/kup/pdf/12031.pdf

Ursachen der Unterfunktion – kurz gelistet

  • Entfernung der Schilddrüse durch Operation
  • Teil-Entfernung der Schilddrüse durch OP
  • Verkleinerung der Schilddrüse durch Radiojodtherapie
  • Hashimoto-Thyreoiditis
  • andere Arten der Thyreoiditis
  • angeborene Unterfunktion
  • Antikörper gegen Schilddrüsen-Hormone
  • Nebenwirkung bestimmter Medikamente


In manchen medizinischen Texten werden Sie auf die Formulierung „Funktionsstörung“ oder „Fehlfunktion der Schilddrüse“ stoßen. Dabei handelt es sich einfach um einen Oberbegriff für die Unter- und Überfunktion, mehr steckt gar nicht dahinter. Dass keine Funktionsstörung oder Fehlfunktion vorliegt, bedeutet aber nicht immer, dass die Schilddrüse völlig gesund ist. Deshalb wird dieser missverständliche Ausdruck in diesem Ratgeber nicht verwendet.

Voriges Kapitel: Die Symptome der Unterfunktion

Nächstes Kapitel: Überfunktion – Symptome, Ursachen, Behandlung

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