Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, die langfristig zur Unterfunktion führen kann. Doch sie beginnt häufig mit einer leichten oder mittelstarken Überfunktion, die in diesem Zusammenhang „Hashitoxikose“ genannt wird. Diese Phase wird nicht immer ärztlich diagnostiziert und manchmal nicht einmal von den Betroffenen deutlich gespürt, falls die Überfunktion schwach ausfällt.

Wie kommt es bei Hashimoto zur Überfunktion?

In dieser frühen Phase der Hashimoto-Thyreoiditis wird Schilddrüsengewebe zerstört. Dabei gelangen im Gewebe gespeicherte Hormone unkontrolliert in die Blutbahn, was zur Überfunktion führt. Schilddrüsenhemmer helfen nicht direkt dagegen, da sie vor allem die Produktion der Hormone drosseln. Sie können aber nicht verhindern, dass bereits erzeugte Hormone bei einem Schub unkontrolliert freigesetzt werden. Manchmal werden dennoch Hemmer eingesetzt und können die Überfunktion (Link zu Kapitel 1.3 dieses Online-Ratgebers) indirekt etwas dämpfen. Auch pflanzliche Hemmer (Wolfstrapp) könnte man versuchen (Kapitel 9.1.).

Häufig eingesetzte Medikamente in diesem Stadium der Hashimoto-Thyreoiditis sind Betablocker, sie senken den Ruhepuls und den Blutdruck. Es ist außerdem sinnvoll, auf eine jodarme Ernährung zu achten. Zusätzlich kann es etwas bringen, Selen, Zink und Magnesium einzunehmen, sofern es vertragen wird (Links zu Teil 10). Nach einigen Wochen bis einigen Monaten normalisieren sich die Schilddrüsenwerte meistens von selbst, die Phase der Überfunktion ist vorbei.

Ein weiterer Hashimoto-Schub?

Auch im weiteren Verlauf der Hashimoto-Thyreoiditis geht Schilddrüsengewebe verloren, aber meistens deutlich langsamer und unauffälliger als während der Hashitoxikose. Es kann aber auch irgendwann ein weiterer merklicher Zerstörungsschub mit einer leichten Überfunktion auftreten, also eine zweite, oft schwächere Hashitoxikose.

Auslöser für einen Schub können Infekte sein, die das Immunsystem stark aktivieren: Das dient der Krankheits-Bekämpfung, kann aber auch mit sich bringen, dass das Immunsystem die Schilddrüse stärker angreift. Dann steigen die freien Hormonwerte (siehe Kapitel 2.3.) an und sinken später wieder. Auch wenn jemand bereits Schilddrüsenhormone einnimmt, kann so ein Schub die Werte durcheinander bringen und Anpassungen der Dosis notwendig machen.

Falls der Hashimoto-Schub durch zuviel Jod ausgelöst wurde, muss aber gar kein Krankheitsgefühl auftreten: Manche Menschen bemerken den Schub trotz des höheren Hormonspiegels nicht einmal. Wenn man an Schübe bei Multipler Sklerose oder Morbus Crohn denkt, bei denen es vielen Betroffenen schlecht geht, führt das Wort „Schub“ bei Hashimoto möglicherweise auf die falsche Fährte.

Die Entstehung der Unterfunktion

Typisch für die Hashimoto-Thyreoiditis ist, dass das funktionsfähige Schilddrüsengewebe durch die schleichende Zerstörung langfristig schwindet. Dadurch nimmt die Hormonproduktion ab, mit der Zeit kann eine Unterfunktion entstehen. Die Unterfunktion ist also eine Folge der Hashimoto-Thyreoiditis, bei langsamem Verlauf eine Spätfolge. Die Betroffenen nehmen die fehlenden Schilddrüsenhormone als Medikament ein. (Worauf es dabei ankommt, lesen Sie weiter hinten in Teil 3 dieses Ratgebers.)

Wenn schließlich kaum noch Gewebe vorhanden ist, sprechen manche Ärzte von einer ausgebrannten Schilddrüse. Die Krankheit kann aber auch so langsam und milde verlaufen, dass dieses Stadium niemals eintritt. Dennoch könnte eine Behandlung notwendig werden.

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Verschiedene Typen der Thyreoiditis

Außerdem gibt es Verläufe, bei denen die Schilddrüse eher wächst, anstatt immer kleiner zu werden. Allerdings handelt es sich dabei um nicht funktionsfähiges Gewebe, sodass die Auswirkungen nicht viel anders sind als bei einer schrumpfenden Schilddrüse.

Früher wurden dafür zwei verschiedene Begriffe verwendet: „Ord-Thyreoiditis“ für die Autoimmunerkrankung mit verkleinerter Schilddrüse, „Hashimoto-Thyreoiditis“ für die vergrößerte Variante. Heute ist es üblich, beide Typen als Hashimoto zu bezeichnen. Als Oberbegriff gibt es noch die „Autoimmunthyreoiditis“, wobei üblicherweise auch Morbus Basedow mitgemeint ist.

Im ersten Halbjahr nach der Geburt kann außerdem eine postpartale Thyreoiditis auftreten, die von Hashimoto schwer zu unterscheiden ist. Allerdings heilt diese Krankheit in manchen Fällen wieder aus, sodass Schilddrüsenhormone nicht oder nicht dauerhaft benötigt werden.

Symptome einer Thyreoiditis

Nicht nur die Über- und Unterfunktion können Beschwerden mit sich bringen, sondern auch eine vergrößerte oder entzündete Schilddrüse. Möglich sind ein Druck- und Kloßgefühl im Hals sowie leichte Schmerzen in der Schilddrüse, die sogar zu den Ohren und zum Kiefer ausstrahlen können.

Starke Schmerzen weisen eher auf eine andere Krankheitsursache hin. Man sollte dabei auch an die Thyreoiditis de Quervain denken, die nach ihrem Entdecker benannt ist. Sie wird mit Schmerzmitteln oder mit Cortison behandelt wird und heilt meistens aus.

(Die Mehrzahl von Thyreoiditis – also der verschiedenen Typen – ist übrigens „Thyreoiditiden“.)

Link für Fachleute: Die Thyreoiditiden. Aktueller Stand der Pathogenese, Diagnostik und Therapie (Ärzteblatt 1998)
https://cdn.aerzteblatt.de/pdf/95/9/a466.pdf

Weitere Probleme bei Hashimoto-Thyreoiditis

Auffällig ist, dass sich ein Teil der Hashimoto-Kranken mit häufigen Erkältungen und hartnäckigen Infekten herumplagt. Das könnte mit einer noch nicht ausreichend behandelten Unterfunktion zu tun haben, oder auch mit den heftigen Reaktionen des überaktiven Immunsystems. Zusätzlich könnte ein Mangel an Zink oder an Vitamin D häufige Erkältungen begünstigen (Links zu den Kapiteln 10.4. und 11.4.).

Manches neurologische Symptom könnte autoimmun bedingt sein: An verschiedenen Teilen des Körpers sind schmerzlose Missempfindungen möglich – so genanntes Ameisenlaufen, Kribbeln, Prickeln oder ein pelziges Gefühl. Manche fürchten dann, an Multipler Sklerose (MS) zu leiden, was aber gar nicht der Fall sein muss. Treten das Kribbeln und die leichte Taubheit an den Händen auf, könnte ein Karpaltunnelsyndrom die Ursache sein – auch dafür ist die Neurologie zuständig.

Bei einer Hashimoto-Thyreoiditis sind vielfältige Symptome möglich, die sich nicht immer eindeutig der Unterfunktion, dem Immunsystem oder einer anderen Ursache zuordnen lassen. Auch deshalb enthält dieser Ratgeber auch einen Überblick über Krankheiten, die oft zusammen mit der Hashimoto-Thyreoiditis vorkommen oder ähnliche Symptome mit sich bringen (Teil 7).

Hashimoto ist unheilbar – was heißt das konkret?

Die Hashimoto-Thyreoiditis gilt derzeit als nicht heilbar. Das bedeutet, dass es keine erwiesenermaßen wirksame Therapie gibt, die diese Krankheit überwinden könnte. Diese wissenschaftliche Sicht der Krankheit schließt nicht aus, dass es eines Tages eine derartige Behandlung geben wird, oder dass Hashimoto in Einzelfällen doch ausheilen könnte – so genannte Spontanheilungen sind zwar selten, aber nicht ausgeschlossen. Das Wort „unheilbar“ ist also nicht als Basta-Spruch zu verstehen. Es existiert allerdings noch keine Heilmethode, auf die man sich verlassen könnte. Daher darf man sehr skeptisch werden, wenn jemand im Zusammenhang mit einer angebotenen Beratung oder Behandlung eine Hashimoto-Heilung verspricht.

Da es im Verlauf der Hashimoto-Thyreoiditis oft zur Unterfunktion kommt oder einer Tendenz dazu, besteht die wichtigste Therapie darin, fehlende Schilddrüsenhormone zu ersetzen. Wie das genau funktioniert, lesen Sie in diesem Ratgeber – es lohnt sich, die Zusammenhänge auch selbst zu verstehen. Der Ratgeber geht aber auch auf typische Nebenbaustellen der Hashimoto-Thyreoiditis ein, besonders was Mängel an Vitaminen und Spurenelementen betrifft.

Voriges Kapitel: Die Hashimoto-Thyreoiditis und ihre Auslöser

Weiter zu Teil 2 – Wege zur Diagnose: Hier geht es darum, wie eine Hashimoto-Thyreoiditis und eine Unterfunktion zuverlässig diagnostiziert werden können.

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