Bei Neugeborenen wird routinemäßig der TSH-Wert getestet, weil ab und zu angeborene Formen der Unterfunktion vorkommen. Diese haben aber nichts mit einer Hashimoto-Thyreoiditis zu tun. Davon betroffene Babys fallen oft schon durch ein hohes Geburtsgewicht oder eine verlängerte Dauer der Schwangerschaft auf. Sie können gleich ab der Diagnose mit L-Thyroxin behandelt werden, das in flüssiger Form verabreicht wird.

Wenn die Mutter eine Hashimoto-Thyreoiditis hat, haben Neugeborene haben häufig Schilddrüsen-Antikörper im Blut. Das bedeutet aber nicht, dass Hashimoto auf das Baby übertragen wurde und das Kleine selbst erkrankt wäre. Die im Mutterleib übernommenen Antikörper bauen sich mit der Zeit ab und sind für das Kind ungefährlich.

Hashimoto-Thyreoiditis bei Kindern

Allerdings könnte ein Kind die Veranlagung zu Hashimoto und Morbus Basedow von der Mutter oder dem Vater geerbt haben und im Lauf des Lebens selbst daran erkranken. Das muss zwar nicht passieren, allerdings kommt es nicht selten vor. Hashimoto kann schon bei Kleinkindern auftreten, und manche Mütter mit Hashimoto-Thyreoiditis haben sogar mehrere erkrankte Kinder.

Wenn das Kind viel Schlaf braucht und trotzdem müde ist, sich schlechter konzentrieren kann als früher, nur langsam wächst oder andere Auffälligkeiten zeigt, sollten Sie nicht zuletzt an die Schilddrüse denken. Besonders häufig von einer Unterfunktion betroffen sind Kinder mit dem Down-Syndrom.

Auch eine Überfunktion (Link zu Kapitel 1.3.) aufgrund einer Hashitoxikose oder eines Morbus Basedow ist bei Kindern möglich. Basedow ist aber bei den Kleinen deutlich seltener und tritt erst ab der Pubertät häufiger auf. Aufgrund des erniedrigten TSH-Wertes wird eine Überfunktion leichter erkannt und schneller ernst genommen als eine Hashimoto-Thyreoiditis, die oft mit halbwegs normalen Werten einher geht. Wenn es wegen Basedow sein muss, können auch Kinder und Jugendliche mit Schilddrüsenhemmern behandelt werden. Heiße Knoten sind bei Kindern und jungen Menschen selten.

Schilddrüsen-Diagnostik bei Kindern

Falls es in Ihrer Gegend keine Kinder-Endokrinologen gibt, könnten Sie Ihr Kind Ihrer eigenen Schilddrüsenspezialistin vorstellen: Sie kennt sich wahrscheinlich besser aus als viele allgemeine Kinderärzte, die für alle denkbaren Krankheiten zuständig sind und in Sachen Schilddrüse womöglich nur an Jod denken. Den allgemeinen Kinderarzt um eine Bestimmung der Schilddrüsenwerte zu bitten, kann natürlich nicht schaden. Fragen Sie am besten von sich aus nach den freien Hormonwerten und den wichtigsten Antikörpern (TPO-AK, bei Verdacht auf Überfunktion auch TRAK), damit das Kind nicht mehrfach mit einer Blutentnahme geplagt werden muss. Der TSH-Wert reicht ja nicht unbedingt aus.

Bei Kleinkindern gelten höhere Referenzbereiche für den TSH-Wert. Ab dem Schulalter verwenden einzelne Spezialisten dieselben Referenzbereiche, die aktuell auch für Erwachsene gelten. Erweiterte Kinder-Normbereiche bis ins Jugendalter anzuwenden, kann in manchen Fällen dazu führen, dass eine Unterfunktion erst spät erkannt und die Behandlung verschleppt wird. Hinzu kommt, dass nicht alle Kinder und Jugendlichen mit Hashimoto-Thyreoiditis erhöhte Schilddrüsen-Antikörper aufweisen, sodass es nicht immer leicht ist, eine eindeutige Diagnose zu bekommen.

Wenn Sie den Eindruck haben, dass etwas nicht stimmt, sollten Sie an der Sache dran bleiben! Lassen Sie sich nicht als überbesorgte und neurotische Eltern abstempeln. Viele Mütter und Väter spüren es tatsächlich, wenn sich ihr Kind nachteilig verändert. Die Hashimoto-Thyreoiditis gilt bei manchen Ärzten immer noch als Krankheit, die vor allem Frauen mittleren Alters betrifft und in anderen Teilen der Bevölkerung selten ist. Bedenken Sie aber auch die Möglichkeit, dass dem Kind etwas anderes ganz fehlen könnte als Sie annehmen.

Schilddrüsen-Problem oder ADHS?

Manche Symptome der Schilddrüsenerkrankung erinnern ein wenig an das Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom (kurz ADHS oder ADS). Kinder- und Jugendpsychiater, die auf AD(H)S spezialisiert sind, denken leider zu selten an die Schilddrüse und stellen möglicherweise die falsche Diagnose.

Damit soll nicht bestritten werden, dass es ADHS tatsächlich gibt, sondern darauf hingewiesen werden, dass eine Differenzialdiagnose sehr wichtig ist – eine Hashimoto-Thyreoiditis ist nun mal kein ADHS und auch keine andere psychische Störung.

Es ist übrigens denkbar, dass eine Unterversorgung mit Schilddrüsenhormonen in der Schwangerschaft begünstigt, dass das Kind tatsächlich leichte neurologische Auffälligkeiten entwickelt. Die Ursachen eines ADHS sind noch nicht genau bekannt, es ist auch möglich, dass mehrere Dinge zusammentreffen. Bei Kindern mit ADHS-ähnlichen Symptomen sollte man außerdem an einige Mängel denken, besonders an Zink und Magnesium (Links zu Teil 10). Das schadet auch im Fall einer Hashimoto-Thyreoiditis nicht.

Behandlung mit L-Thyroxin bei Kindern

Ein Kind, das wegen Hashimoto oder wegen einer Unterfunktion L-Thyroxin braucht, darf und soll das Medikament selbstverständlich einnehmen. Schilddrüsenhormone sind auch für Kinder unbedenklich, sofern die Dosis ungefähr stimmt. Die Anpassung der L-Thyroxin-Dosierung funktioniert im Prinzip genauso wie bei Erwachsenen. Allerdings werden wegen des Wachstums häufigere Kontrollen der Schilddrüsenwerte benötigt. Wegen des geringeren Körpergewichts der Kinder genügen oft niedrigere Dosierungen.

Falls ein Arzt bei Kindern aus Prinzip gegen eine möglicherweise nötige Behandlung mit L-Thyroxin ist, dürfen Sie über einen Behandlerwechsel nachdenken. Ein gut funktionierender Stoffwechsel der Schilddrüse ist für die körperliche und geistige Entwicklung des Kindes sehr wichtig. Wer Kindern tatsächlich benötigte Hormone vorenthält oder davon abrät, tut ihnen nichts Gutes, selbst wenn es beschützend gemeint sein mag.

Kinder, die L-Thyroxin einnehmen, sollten dazu angehalten werden, ab dem Schulalter allmählich selbst die Verantwortung für die Einnahme zu tragen. Sofern die Tabletten nicht geteilt werden müssen, können Schulkinder ihre Tablette am Abend selbst für den Morgen parat legen und ein Wasserglas ans Bett stellen. Auch wenn sie dabei noch von Erwachsenen begleitet werden, gewöhnen sie sich mit der Zeit an den täglichen Ablauf. Dann kommen sie besser zurecht, wenn es eines Tages ins Landschulheim geht oder eine Übernachtung bei Freunden ansteht.

Jodmangel bei Kindern?

Bei abwechslungsreicher Ernährung ist ein Jodmangel deutlich unwahrscheinlicher als früher, denn Milchprodukte sind heutzutage gute Jodlieferanten. Auch Fertiggerichte, Wurst und das Essen in Schulkantinen sind häufig mit Jodsalz zubereitet.

Bei Jugendlichen kann es etwas anders aussehen: In der Pubertät der Jodbedarf am höchsten, sodass die Versorgung tatsächlich etwas knapp ausfallen kann – je nachdem, wie sich jemand ernährt und welche familiäre Veranlagung hinzu kommt. Wenn sich in dieser Zeit des starken Wachstums ein Kropf entwickelt und weder Hashimoto noch Basedow vorliegt, können Jugendliche Jodid einnehmen.

Falls jemand unter den Geschwistern, Eltern oder Großeltern des Kindes an Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow erkrankt ist, könnte es aber sinnvoll sein, die Schilddrüse sicherheitshalber nicht mit Jodid zu behandeln. Das könnte sonst eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse begünstigen oder eine noch nicht erkannte Hashimoto-Erkrankung verstärken. Auch Wunden sollten besser mit einem Desinfektionsmittel ohne Jod behandelt werden.

Bei chemischen Experimenten im Unterricht sollte direkter Kontakt mit Jod vermieden werden. Vorsicht, auch an manchen Grundschulen wird mit Jod experimentiert, um den Stärke-Nachweis zu demonstrieren!

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