Autoimmunerkrankungen kommen nicht selten zu mehreren vor. Rund ein Viertel der Menschen mit Hashimoto-Thyreoiditis oder mit Morbus Basedow hat wahrscheinlich noch eine weitere.

Wenn Sie eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse haben, ist es zwar nicht nötig, sich auf alle denkbaren Autoimmunerkrankungen untersuchen zu lassen. Falls Sie aber Beschwerden haben, die auf weitere Krankheiten hinweisen könnten, ist es sinnvoll, sich zu passenden Spezialistinnen überweisen zu lassen und den Dingen auf den Grund zu gehen.

Auch manche Laborbefunde können erste Hinweise auf eine weitere Erkrankung liefern. Antinukleäre Antikörper (ANA) können bei einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse leicht erhöht sein. Stark auffällige ANA weisen eher auf eine weitere Autoimmunerkrankung hin, können aber auch bei einigen anderen Krankheiten vorkommen. Wenn das C-reaktive Protein (CRP) erhöht ist, sollte das ebenfalls abgeklärt werden, denn dieser Wert zeigt Entzündungen an.

Rheuma – mehr als eine Gelenkerkrankung

Bei Gelenk- und Rückenschmerzen mit Verdacht auf eine rheumatische Krankheit ist oft die internistische Rheumatologie die beste Anlaufstelle. Reine Orthopäden ohne zusätzliche rheumatologische Ausbildung erkennen Rheuma oft erst, wenn die Krankheit weit fortgeschritten ist und das Gelenk im Röntgenbild typische Schäden zeigt.

Gelenkschmerzen müssen aber nicht immer Rheuma bedeuten: Andere, häufige Ursachen sind Arthrose (Schädigung des Gelenkknorpels), Schleimbeutelentzündungen (teils durch ungünstige Haltung ausgelöst) und bei Frauen sogar die Wechseljahre (Link zu Kapitel 6.2.).

Zu den eigentlichen rheumatischen Erkrankungen gehören neben verschiedenen Arten von Gelenkrheuma auch die Kollagenosen. Hierzu zählen die Krankheiten Lupus erythematodes, das Sjögren-Syndrom und die Sklerodermie. Lupus kann etliche Systeme des Körpers betreffen und vielfältige Beschwerden mit sich bringen. Das gilt tendenziell auch für das Sjögren-Syndrom, das aber meistens milder verläuft als Lupus. Das Sjögren-Syndrom betrifft typischerweise die Speichel- und Tränendrüsen sowie alle möglichen Schleimhäute. Auch Müdigkeit und depressive Verstimmungen können durch manche rheumatische Krankheit begünstigt werden.

Diagnosen von Endokrinologinnen und weiteren Fachärzten

Manche Autoimmunerkrankungen sind etwas einfacher zu erkennen als Rheuma: Für die Weißfleckenkrankheit (Vitiligo), die Schuppenflechte (Psoriasis) und den kreisrunden Haarausfall (Alopezie) sind Hautärzte zuständig.

Morbus Addison (Link zum vorigen Kapitel) und Diabetes mellitus betreffen den Hormonhaushalt und können gegebenenfalls beim Endokrinologen diagnostiziert und behandelt werden. In manchen endokrinologischen Praxen können auch einige Antikörper getestet werden, die für andere Autoimmunerkrankungen typisch sind, zum Beispiel für die Autoimmungastritis: Diese Magenkrankheit beeinträchtigt die Aufnahme des Vitamins B12, was unbehandelt allerhand Symptome nach sich zieht (siehe Kapitel 11.3).

Autoimmunerkrankungen des Darms

Auch ein erster Bluttest in Richtung Zöliakie (Sprue) ist sinnvoll, dafür werden die Transglutaminase-IgA-Antikörper und das Gesamt-IgA im Serum bestimmt. Manche Zöliakie-Experten raten generell, Menschen mit einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse auch auf eine Zöliakie zu untersuchen. Bei dieser Autoimmunerkrankung löst Gluten, das im Weizen und einigen weiteren Getreiden enthalten ist, eine Entzündung im Dünndarm aus. Die Betroffenen müssen sehr sorgfältig auf ihre Ernährung achten, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden.

Wenn bereits chronische Bauchschmerzen, häufige Durchfälle, schleimig-blutiger Stuhl oder andere Verdauungsbeschwerden auftreten, ist eine Praxis für Gastroenterologie die richtige Adresse. Dort können mittels Magen- oder Darmspiegelung eine Autoimmungastritis, eine Zöliakie sowie chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa und Morbus Crohn) näher abgeklärt werden.

Bitte bedenken Sie aber, dass bei einer Magen-Darm-Spiegelung nicht automatisch alles untersucht wird, was dabei möglich wäre, sondern je nach Verdacht gezielt Gewebeproben entnommen werden. Das sollte in einer Vorbesprechung geklärt werden oder zumindest auf der Überweisung eindeutig vermerkt sein.

Was Sie sonst noch über Autoimmunerkrankungen wissen sollten

Zu den Autoimmunerkrankungen zählen noch einige andere, teils seltene Krankheiten. Es ist denkbar, dass in Zukunft noch für weitere Krankheiten und Beschwerden eine autoimmune Ursache gefunden wird. Im Prinzip könnte jedes Organsystem von einer Autoimmunerkrankung befallen werden. Doch niemand sollte sich deswegen verrückt machen: Es genügt, bei konkreten Beschwerden und Veränderungen zum Arzt zu gehen.

Falls eine Hashimoto-Schilddrüse per Operation entfernt werden muss, zieht das übrigens keine erhöhte Wahrscheinlichkeit nach sich, als Ersatz eine andere Autoimmunerkrankung zu bekommen: Autoimmunerkrankungen ziehen nicht um, wenn das Zielorgan nicht mehr da ist. Für diese Befürchtung aus alternativen Kreisen gibt es keine Beweise. Es ist auch nicht sinnvoll, eine jahrelange Suche nach alternativen Methoden gegen Hashimoto zu beginnen in der Annahme, dass man damit weitere Autoimmunerkrankungen abwehrt – auch das ist nicht der Fall. Hilfreich ist eine allgemein gesunde Lebensweise, die auch genug Ausgleich bei ungesundem Stress bietet.

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