Wenn Ihr TSH-Wert erhöht war, wird die L-Thyroxin-Dosis üblicherweise so lange Schritt für Schritt gesteigert, bis das TSH im Referenzbereich liegt. Eine Dosis sollte mindestens vier bis sechs Wochen lang eingenommen werden, damit die Laborwerte die Wirkung der derzeitigen Dosis tatsächlich abbilden. Nach sechs bis acht Wochen bekämen Sie ein genaueres Ergebnis als nach vier Wochen, die eher einen ungefähren Stand zeigen.

Das bedeutet der TSH-Wert unter L-Thyroxin

Der TSH-Wert sollte bei einer Behandlung mit Thyroxin in der unteren Hälfte des engen Referenzbereichs liegen, das heißt etwa zwischen 0,3 und 1,2 (oder 1,5) mlU/l. Das ist als ungefähre Empfehlung zu verstehen, denn ein TSH-Wert, der innerhalb dieser Spanne liegt, garantiert nicht unbedingt, dass alles Bestens ist. (Mehr zur Feinanpassung in den nächsten Kapiteln.)

Andererseits könnte in einigen Fällen ein TSH-Wert außerhalb dieser Spanne in Ordnung sein. Ein individuell gut passender TSH-Wert wird von Ärzten manchmal „Setpoint“ genannt. Kurz vor dem Ziel ist es aber oft sinnvoll, die freien Hormonwerte (fT3 und fT4) einzubeziehen, um L-Thyroxin genauer dosieren zu können.

Der Hintergrund: Der TSH-Wert ist nicht unfehlbar und kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden. Hinzu kommt, dass die Einnahme von L-Thyroxin für den hormonellen Regelkreis nicht dasselbe ist wie die natürliche Eigenproduktion: Wenn die Hormone als Tabletten oder Tropfen eingenommen werden, gelangt jeden Morgen eine Ladung freies Thyroxin ins Blut, das erst noch an Transportproteine gebunden werden muss. Deshalb sind die fT4-Werte vorübergehend höher als eigentlich nötig. Dieser tägliche Peak, also das Anfluten der Hormone, kann auch ein wenig zur Absenkung des TSH beitragen.

Kontrolle der freien Hormonwerte fT3 und fT4

Bei einem TSH-Wert unterhalb des Referenzbereichs (also unter 0,3) gehen Ärzte meist von einer Tendenz zur Überfunktion aus. Die freien Hormone (fT3 und fT4) könnten dennoch ganz unauffällig sein, zum Beispiel im mittleren Bereich liegen oder sogar in der unteren Hälfte. Bevor also wegen einer angeblichen Überfunktion die Dosis drastisch reduziert und anschließend in groben Schritten hin- und her dosiert wird, sollte besser ein Blick auf die freien Hormone geworfen werden. Die Hormoneinstellung nur anhand des TSH-Wertes gelingt nicht bei allen Patientinnen mit einem befriedigenden Ergebnis.

Daran sollte man auch denken, wenn jemand fastet oder einer strengen Low-Carb-Diät folgt: Unter solchen Umständen kann es vorkommen, dass der fT3-Wert deutlich sinkt und der TSH-Wert hoch-normal oder erhöht ist, obwohl L-Thyroxin passend dosiert ist und der fT4-Wert in Ordnung ist, oder sogar optimal liegt.

Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland bezahlen die Untersuchung der freien Hormone, wenn der Arzt die Messung anordnet. Manche Arztpraxen halten sie allerdings für unnötig oder möchten Laborkosten einsparen. In so einem Fall hilft nur ein Kompromiss oder ein Arztwechsel, denn erzwingen können Sie gewünschte Laborwerte nicht. Wer bereit ist, für Laborwerte aus einer Arztpraxis aus eigener Tasche zu bezahlen, kann das selbstverständlich tun, aber auch direkt ein medizinisches Labor aufsuchen.

Neuerdings wird auch in Fachkreisen diskutiert, ob man sich nicht stärker am fT4-Wert orientieren sollte als am TSH-Wert. Siehe Blogartikel der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie vom Mai 2020:

Revolution in der Schilddrüsendiagnostik: Soll TSH von Thyroxin „entthront“ werden?
https://blog.endokrinologie.net/tsh-thyroxin-4516/

Arzt sagt, die Schilddrüse ist gut eingestellt?

Wenn Ärzte beim Blick auf die Laborwerte keinen direkten Änderungsbedarf mehr sehen, sagen sie oft, die Schilddrüse sei „gut eingestellt“. Auch Betroffene verwenden diesen Ausdruck oft. Allerdings klingt das so, als sei die Schilddrüse ein Apparat und die optimale Einstellung der Schilddrüse direkt an den Laborwerten ablesbar – doch das stimmt nicht.

Wenn Ihr Arzt zu Ihnen sagt, die Schilddrüse sei gut eingestellt, dürfen Sie fragen, was damit konkret gemeint ist. Viele verstehen darunter einen bestimmten TSH-Zielbereich, der aber nicht in Stein gemeißelt ist. Oft gibt es einen Spielraum für Änderungen der Dosierung, zumindest für kleine Anpassungen. Daher lohnt es sich, sich selbst zu informieren und sich möglichst auch mit den Laborwerten zu befassen (siehe die folgenden Kapitel).

Wer den ärztlichen Ausspruch, die Schilddrüse sei „gut eingestellt“, vorzeitig für das letzte Wort hält, verliert womöglich viel Zeit bei der Suche nach einem besseren Befinden – nämlich auf Abwegen und Nebengleisen. Denn eine Umstellung der Ernährung oder Nahrungsergänzungsmittel (so sinnvoll diese manchmal sein können) sind kein Ersatz für eine möglichst gut passende Dosierung der Schilddrüsenhormone.

Voriges Kapitel: Die Wirkung der L-Thyroxin-Tabletten

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