Wenn es ums Abnehmen und passende Diäten geht, ist es wichtig zu wissen: Um ein Kilogramm Fett abzubauen, müssen etwa 7.000 Kilokalorien (KCal) eingespart werden. Das erklärt auf Anhieb, warum das Abnehmen oft lange dauert und extreme „Crash-Diäten“ nicht funktionieren können.

Wasser im Glykogen-Speicher

Wenn am Anfang einer Radikaldiät tatsächlich „die Pfunde purzeln“, wie man oft hört und liest, liegt das vor allem daran, dass sich der Glykogen-Speicher leert und dabei viel Wasser ausgeschieden wird. Das gilt besonders, wenn jemand vor Beginn der Diät noch viele Kohlenhydrate konsumiert hat und ganz plötzlich damit aufhört. Danach sinkt das Gewicht deutlich langsamer – das ist ganz normal.

Der Hintergrund: Glykogen ist ein Vielfachzucker (Polysaccharid), das Kohlenhydrate in der Leber und der Muskulatur speichert und dabei auch Wasser bindet. Besonders schnell leert sich der Speicher beim Ausdauersport: Wer hier optimale Leistung bringen will, braucht auch Kohlenhydrate. Durch Mahlzeiten mit Kohlenhydraten füllt sich der Glykogen-Speicher wieder.

Warum Crash-Diäten nicht funktionieren

Ananas-Diät ist überflüssigDieser schnelle Effekt am Anfang einer Radikaldiät kehrt sich also schnell wieder um, wenn man wieder mehr Kohlenhydrate isst. Hinzu kommt, dass bei Crash-Diäten oft auch Muskelmasse abgebaut wird – dann verbraucht der Körper im Ruhezustand bald weniger Energie als vor der Diät! Der Hintergrund ist, dass Muskeln den Grundumsatz erhöhen. Auch wenn das nicht so viel ausmacht: Der Muskelschwund führt in jedem Fall dazu, dass der Gebrauch der Muskulatur mühsamer und anstrengender wird. Dann schont man sich vielleicht mehr oder hält es nicht mehr so lange durch, die Muskeln zu beanspruchen. Enthält eine Crash-Diät – z.B. die Ananas-Diät – keine Proteine, fällt der Schaden an der Muskulatur noch größer aus.

Über längere Zeit je ein Kilogramm pro Woche abzunehmen wäre also sehr schon viel, weil das ein tägliches Kaloriendefizit von 1.000 kCal bedeuten würde. Mit Kaloriendefizit ist der Unterschied zwischen dem Verbrauch des Körpers und der Zufuhr durch die Ernährung gemeint – nicht etwa der Unterschied zwischen der vorigen Ernährung und der aktuellen Diät! Das heißt praktisch: Wer ab jetzt ein bisschen weniger isst als bisher, nimmt also möglicherweise gar nicht ab, sondern hält das Gewicht oder nimmt nur etwas langsamer zu als vor der Ernährungsumstellung.

Wer vor der Diät mehr gegessen hat als es dem eigenen Verbrauch entsprach, müsste theoretisch die Energiezufuhr noch stärker reduzieren, um tatsächlich ein Kilo pro Woche abzunehmen. Aber so funktioniert die Sache praktisch nicht: Denn ein zu starkes Kaloriendefizit bringt auch oft mit sich, dass Muskeln abgebaut werden und der Grundumsatz sinkt – wie bei der Crash-Diät. Ein tägliches Defizit von einigen hundert kCal bringt zwar langfristig schon viel, erfordert aber entsprechend mehr Geduld und Ausdauer als extremere Diäten.

Hormonelle Abnehm-Hindernisse?

Selbstverständlich sollten die Schilddrüsenwerte möglichst gut eingestellt sein, damit es mit dem Abnehmen klappt – das zählt zu den Hauptthemen dieses Ratgebers (siehe Teil 3 über L-Thyroxin und Teil 4 über das Hormon T3). Eine Schilddrüsen-Unterfunktion senkt den Grundumsatz des Stoffwechsels und kann auch Wassereinlagerungen begünstigen. Die Wechseljahre können sich übrigens ähnlich auf das Gewicht auswirken wie eine leichte Unterfunktion, weil auch sie den Energiebedarf etwas senken, sofern die nun fehlenden Hormone nicht ausgeglichen werden.

Eine Überfunktion oder eine Überdosierung der Schilddrüsenhormone wäre aber auch nicht hilfreich: Das ist nicht nur ungesund, sondern kann auch den Appetit steigern und Muskelmasse kosten – beides hilft nicht beim Abnehmen.

Dass das Abnehmen für einen Teil der übergewichtigen Menschen so schwer ist, hat aber auch damit zu tun, dass bei manchen von ihnen das Hunger- und Sättigungsgefühl nicht mehr richtig funktionieren. Wenn jemand über lange Zeit deutlich mehr isst als er oder sie tatsächlich bräuchte – egal ob aus Stress und Frust, ob aus Genuss oder Gewohnheit – kann das einen gestörten Leptin-Stoffwechsel mit sich bringen. Dann meldet das Gehirn womöglich „Hunger“, obwohl gar kein zusätzlicher Energiebedarf besteht.

Das macht es natürlich schwer, sich bei der Ernährung über längere Zeit einzuschränken. Eine spezielle Behandlung des Problems direkt an der Ursache existiert noch nicht. Es ist aber sinnvoll, Mahlzeiten und Zutaten vorab zu planen, statt spontan zu essen und dann zu große Portionen oder zu viele Mahlzeiten zu konsumieren. Auch Ballaststoffe können etwas zum Sättigungsgefühl beitragen.

Bewegung und Muskelaufbau einbeziehen

Zusätzliche Möglichkeiten ergeben sich allerdings, wenn man den Energieverbrauch durch Sport erhöht und sich auch zwischendurch im Alltag mehr bewegt als sonst. Es ist für die meisten Menschen sinnvoll, mäßiges Ausdauertraining mit Muskelaufbau zu kombinieren. Das macht auch mehr Spaß als stupides „Kalorien verbrennen“ auf Laufband und Stepper. Wenn Sie untrainiert sind und ambitioniert loslegen möchten, sollten Sie sich davor unbedingt sportmedizinisch untersuchen lassen. Wer dazu keine Gelegenheit hat, kann es ruhiger angehen und zum Beispiel mit häufigeren Spaziergängen beginnen.

Wer sich viel bewegt und dabei auch die Muskeln beansprucht, tut auch etwas für die Knochendichte. Radikaldiäten und starker Gewichtsverlust erhöhen nämlich das Risiko einer Osteoporose. Das gilt vor allem für Frauen nach den Wechseljahren (Link zu Kapitel 6.2.), tendenziell aber für alle Menschen: Unsere Knochen sind lebendiger Teil des Organismus, dort findet ein ständiger Auf- und Abbau statt. Das wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst: Besonders wichtig sind die Ernährung, die Art und Häufigkeit der Bewegung und die Zufuhr von Vitamin D (ausführlich dargestellt in Kapitel 11.4.).

Schilddrüse, Sport und Stoffwechsel

Speziell wegen der Schilddrüse müssten Sie übrigens gar keinen Sport treiben: Ein gesundes Organ passt die Ausschüttung der Schilddrüsenhormone an die Aktivität des Menschen an, automatisch gesteuert von den hormonellen Regelkreisen. Bei Hashimoto und Unterfunktion wird die Medikamentendosis möglichst gut an die Schilddrüsenwerte angepasst, intensiver Sport kann den Bedarf etwas erhöhen. Wer noch nicht optimal dosiert ist, sollte es eher ruhiger angehen als andere.

Wenn umgangssprachlich die Rede davon ist, dass Sport den Stoffwechsel auf Trab bringt, bedeutet das vor allem, dass Sie beim Training den Kreislauf anregen, die Körpertemperatur erhöhen und mehr Energie verbrauchen als bei körperlich passiveren Betätigungen.

Auch ein wirksamer Stress-Abbau kann das Abnehmen und eine gesunde Lebensweise unterstützen – probieren Sie aus, was bei Ihnen tatsächlich funktioniert. Ausreichend Schlaf ist ebenfalls wichtig.

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