Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eng mit Morbus Basedow verwandt. So kann es gelegentlich vorkommen, dass eine Hashimoto-Erkrankung in Morbus Basedow umschlägt. Häufiger sind die Fälle, in denen ein Basedow zwar durch die Behandlung mit Schilddrüsenhemmern zur Ruhe kommt, aber irgendwann in Hashimoto übergeht. So einen einmaligen Wechsel nennt man nicht unbedingt Mischform.
Doch wenn eine Schilddrüse bereits durch die Hashimoto-Thyreoiditis geschädigt ist und zusätzlich schubweise TRAK auftreten, können sich die Krankheitsbilder von Hashimoto und Basedow gewissermaßen abwechseln, auf eine Unterfunktion kann eine Überfunktion folgen und umgekehrt (Link zu Kapitel 1.3.). In diesem Fall richtet sich die Behandlung jeweils nach der gerade vorherrschenden Lage.
Eine Mischform ist also keine eigenständige Erkrankung, sondern ein gelegentlich verwendeter Begriff für solche Verläufe, bei denen sich Hashimoto und Basedow überlappen oder abwechseln. Ein Basedow-Schub ist keine kurzfristige Angelegenheit, sondern kann etliche Monate oder länger dauern.
Inhalte dieses Kapitels
Bedeutung der Antikörper bei Mischformen
Wenn sowohl die Basedow-typischen TRAK (oder TSI) als auch TPO-AK nachweisbar sind, muss das nicht unbedingt eine Mischform bedeuten, es kommt auf das Krankheitsbild und den Verlauf an. Leicht erhöhte TRAK kommen sporadisch auch bei Hashimoto vor, und Morbus Basedow wird oft von TPO-AK begleitet. Wenn eine Überfunktion vorliegt und die TRAK nur ganz leicht erhöht sind, dann könnte es sich um eine Mischform handeln, aber auch um eine Hashitoxikose oder um heiße Knoten. Bei derartigen Unklarheiten kann eine Szintigrafie sinnvoll sein (Link zu Kapitel 2.7.).
Wer messbare, gar erhöhte TRAK hat, sollte außerdem wissen: Diese Antikörper können den TSH-Wert erheblich absenken, auch wenn das nicht immer der Fall sein muss. TRAK ist die Abkürzung für TSH-Rezeptor-Antikörper, das heißt: TRAK besetzen diejenigen Rezeptoren, die für das TSH geschaffen sind (und zwar an der Schilddrüse und an der Hirnanhangdrüse). TRAK wirken also an diesen Rezeptoren ähnlich wie TSH.
Die Folge davon: Die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) schüttet weniger TSH aus, weil ja schon die TRAK die Rolle des TSH spielen – allerdings auf eine mehr oder weniger chaotische Art. Denn die TRAK werden nicht nach Bedarf produziert, sondern nach den Launen der Autoimmunerkrankung. Deshalb ist auf den TSH-Wert kaum noch Verlass, falls stimulierende TRAK dazwischen funken: Der so genannte Regelkreis funktioniert meistens nicht mehr.
Das bedeutet praktisch: Je niedriger der TSH-Wert vor dem Auftreten der TRAK schon war, umso schneller führen aktive TRAK dazu, dass die freien Hormonwerte tatsächlich steigen und es womöglich zu einer Überfunktion mit erhöhten freien Werten kommt.
Freie Werte unbedingt beachten!
Bei einer Mischform gilt also ganz besonders, dass man sich zur Beurteilung der hormonellen Lage vor allem auf die freien Hormonwerte konzentrieren sollte. Ein erniedrigter TSH-Wert darf nicht gewaltsam in den Normalbereich gezwungen werden, indem ein mit Basedow und Mischformen unerfahrener Behandler die Schilddrüsenhemmer entsprechend überdosiert oder benötigte Hormone unterdosiert. Letzteres gilt auch für den Fall, dass die Schilddrüse entfernt wurde: Nach einer Operation können die TRAK zwar sinken, aber garantiert ist das nicht.
Neben den hier beschriebenen, stimulierend wirkenden TRAK gibt es noch andere, die keine Überfunktion auslösen, sogar eine blockierende Wirkung ist möglich. Der Unterschied zwischen den verschiedenen TRAK-Typen wird aber in einem üblichen medizinischen Labor noch nicht erfasst, sodass die tatsächliche Wirkung vorhandener TRAK nur indirekt aus den Schilddrüsenwerten abgeleitet werden kann. Etwas anderes ist es, wenn ein TSI-Wert vorliegt, denn dabei handelt es sich speziell um stimulierende TRAK.
Schilddrüsenhemmer bei Mischformen?
Phasen der manifesten Basedow-Überfunktion, also mit erhöhten freien Hormonen, behandeln Fachärzte mit Schilddrüsenhemmern. Das gilt normalerweise nur, wenn in den vorausgehenden Wochen keine Schilddrüsenhormone eingenommen wurden. Ansonsten werden im ersten Schritt die Schilddrüsenhormone reduziert oder abgesetzt – vielleicht genügt das schon, um die freien Werte wieder in einen akzeptablen Rahmen zu bringen. In dieser Phase ist es sinnvoll, die Schilddrüsenwerte alle vier Wochen zu kontrollieren, denn nach vier Wochen sind Veränderungen der L-Thyroxin-Dosis weitgehend im Blut und damit in den Werten angekommen.
Ein niedriger TSH-Wert ist für sich allein kein Grund, Hemmer einzunehmen, sondern die weitere Entwicklung zu beobachten. Wenn doch Hemmer nötig werden, stehen verschiedene chemische Präparate zur Verfügung, die wichtigsten sind Carbimazol und Thiamazol. Bei leichten und grenzwertigen Überfunktionen, etwa wenn nur der fT3-Wert erhöht ist, kommen möglicherweise auch pflanzliche Hemmer (Wolfstrapp) in Frage. Eine weitere Möglichkeit bei milden Fällen wäre, einen Teil der Symptome mit Betablockern zu beruhigen.
Während einer Behandlung mit Schilddrüsenhemmern sollten die freien Hormonwerte vor allem in der ersten Zeit alle zwei Wochen überprüft und die Dosis an die aktuelle Lage angepasst werden. Die Dosierung richtet sich nach dem Ausmaß der Überfunktion und nach dem jüngsten Verlauf. Da bei Carbimazol und Thiamazol in seltenen Fällen ernste Nebenwirkungen auftreten können, sollte die Arztpraxis auch die Leberwerte und das weiße Blutbild im Auge behalten.
Die typischen Antikörper (TRAK oder TSI) müssen nicht laufend beobachtet werden. Eine Messung kann aber sinnvoll sein, um zu sehen, wie sich die Sache in den letzten Monaten entwickelt hat. Wenn jemand keine Hemmer braucht und die frühere Dosis L-Thyroxin schon wieder erreicht hat, bedeuten nahezu negative TRAK, das jetzt die Lage stabil ist und man bei der Kontrolle der Schilddrüsenwerte zu größeren Abständen zurückkehren kann.
Wenn die Schilddrüse bereits durch Hashimoto geschädigt ist, fallen spätere Basedow-Überfunktionen meistens viel leichter aus als in solchen Fällen, in denen eine gesunde und leistungsstarke Schilddrüse an Morbus Basedow erkrankt. Jodreiche Nahrungsmittel sollten aber so oder so gemieden werden. (Mehr Informationen zum Jodgehalt von Lebensmitteln finden Sie im Kapitel 10.1. über Jod für die Schilddrüse.)
Augenprobleme bei Basedow und Mischformen
Morbus Basedow oder eine Mischform kann mit einer typischen Augenbeteiligung (endokrine Orbitopathie) einhergehen, selten kommt sie auch bei Hashimoto vor. Diese Augenerkrankung bringt meist ein Druckgefühl hinter den Augen mit sich und führt im Extremfall dazu, dass die Augen stark hervortreten und sogar der Sehnerv geschädigt werden kann. Die ersten Symptome leichter Stadien können auch unauffälliger und weniger typisch sein: Auch Augenbrennen, Lichtempfindlichkeit, geschwollene Lider und ein Fremdkörpergefühl wie Sand im Auge sind möglich. Solche Beschwerden sind nicht immer leicht von Heuschnupfen und anderen Erkrankungen unterscheidbar.
Bei einer Augenbeteiligung ist es noch wichtiger als sonst, auf gute Schilddrüsenwerte zu achten: Eine manifeste Überfunktion mit freien Hormonen über der Norm, aber auch freie Werte oberhalb oder unterhalb des individuellen Optimalbereichs können eine endokrine Orbitopathie auslösen und verstärken. Rauchen ist ebenfalls schädlich und sollte aufgegeben werden. Auch eine Radiojodtherapie (Link zum übernächsten Kapitel) wäre ungünstig, weil sie fast zwangsläufig stark schwankende Schilddrüsenwerte mit sich bringt.
Aber nicht jedes Augenproblem muss mit einer endokrinen Orbitopathie zu tun haben. Für die Diagnose und Behandlung der endokrinen Orbitopathie sind solche Augenärzte und Fachkliniken die richtige Adresse, die Erfahrung mit dieser speziellen Krankheit haben.
Nächstes Kapitel: Hormone nach Operation (Entfernung) der Schilddrüse
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