Schmerzen in verschiedenen Regionen des Körpers, die nichts mit Rheuma zu tun haben und auch durch gute Schilddrüsenwerte nicht besser werden, könnten möglicherweise autoimmun bedingte Beschwerden der Hashimoto-Thyreoiditis sein. Es kann aber auch sein, dass sie auf ein Fibromyalgie-Syndrom hinweisen.
Wer schon von Hashimoto betroffen ist, hat leider ein erhöhtes Risiko, zusätzlich eine Fibromyalgie zu entwickeln. Das Syndrom wird vor allem Frauen mittleren Alters diagnostiziert, schätzungsweise sind rund zwei Prozent der Bevölkerung in Mitteleuropa betroffen. Die Diagnose „Fibromyalgie-Syndrom“ existiert erst seit einigen Jahrzehnten.
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Die Symptome der Fibromyalgie
Recht typisch sind chronische Schmerzen in Muskeln und Gelenken, die seit mindestens drei Monaten anhalten. Sie treten besonders an der mittleren und oberen Wirbelsäule auf sowie an einzelnen Gelenken der Arme oder Beine. Möglich sind auch Schmerzen an ganz anderen Stellen, etwa dem Verdauungstrakt.
Zum Fibromyalgie-Syndrom gehören außerdem Schlafstörungen (Link zum übernächsten Kapitel), ein nicht erholsamer Schlaf und ein erschöpftes Gefühl, sodass die Leistungsfähigkeit deutlich vermindert sein kann. Auch seelische Beschwerden sind möglich, vor allem Antriebsverlust, Nervosität und innere Unruhe.
Eine erhöhte Empfindlichkeit auf äußere Reize wie etwa Gerüche oder Geräusche kann vorkommen. Ist eine höhere Reizempfindlichkeit schon immer vorhanden, zum Beispiel bei Hochsensibilität oder AD(H)S, zählt sie natürlich nicht als Symptom einer Fibromyalgie.
Fibromyalgie-Diagnostik beim Facharzt
Neben dem Hausarzt ist oft ein internistischer Rheumatologe als erste Anlaufstelle sinnvoll, um auch abzuklären, ob andere rheumatologische Ursachen für die Beschwerden in Frage kommen (Differenzialdiagnose). Röntgenaufnahmen vom Orthopäden sind normalerweise nicht notwendig. Für die Diagnose und Behandlung des Fibromyalgie-Syndroms kommen neben Rheumatologinnen auch manche Neurologen, Schmerztherapeutinnen und Allgemeinmediziner in Frage, die sich für dieses Thema interessieren und sich dazu weiterbilden.
Einen Bluttest auf die Krankheit gibt es nicht, Laboruntersuchungen dienen der Differenzialdiagnose. Die erfahrene Ärztin kann die Krankheitsgeschichte erfragen und bestimmte Druckschmerz-Punkte untersuchen, die an den Sehnenansätzen liegen. Allerdings muss ein Fibromyalgie-Syndrom nicht zwingend ausgeschlossen sein, falls diese Punkte nicht schmerzen, denn zu diesem Krankheitsbild gehören noch etliche weitere Puzzleteile, die zum Teil mit der erhöhten Schmerzempfindlichkeit zu tun haben.
Ähnlich wie bei Hashimoto kann es auch bei einer Fibromyalgie lange bis zur Diagnose dauern, weil viele unspezifische Beschwerden an verschiedenen Körperteilen auftreten können, die vordergründig gar nichts miteinander zu tun haben. Wenn eine Fibromyalgie nicht erkannt wird, diagnostizieren Ärzte womöglich eine somatoforme Schmerzstörung, eine Depression oder Burnout (Link zurück zu Kapitel 7.1.).
Das Fibroymalgie-Syndrom und die Psyche
Das Fibromyalgie-Syndrom ist noch unzureichend erforscht und ihre Behandlung noch nicht zufriedenstellend, üblicherweise werden die Symptome nur gelindert (siehe Therapie-Möglichkeiten unten). Auch wenn die Fibromyalgie keine psychosomatische Erkrankung ist, können psychische Belastungen das Erkrankungsrisiko erhöhen.
Was konkrete Auslöser der aktuellen Beschwerden angeht, machen Stress und seelische Belastungen vielen Betroffenen zu schaffen, ebenso Kälte und Wetterumschwünge. Die Fibromyalgie verläuft unterschiedlich schwer. Es kommt durchaus vor, dass die Krankheit nur langsam fortschreitet und Betroffene längere beschwerdefreie Zeiten erleben.
Therapie-Möglichkeiten bei Fibromyalgie
Leichtes sportliches Training wie Radfahren, Walking, Schwimmen und Gymnastik ist laut Leitlinie sinnvoll. Übertriebene Schonung könnte die Belastbarkeit noch weiter vermindern. Darüber hinaus könnte Yoga helfen, verkürzte Sehnen und Muskeln zu dehnen. Das Rauchen wirkt sich ungünstig aus und sollte aufgegeben werden.
Was Medikamente betrifft, kommen laut Leitlinie manche Antidepressiva und Nervenschmerzmittel in Frage, soweit sie vertragen werden und die Beschwerden bessern. Um die Symptome einer Fibromyalgie zu lindern, werden darüber hinaus oft physikalische Therapien angeboten, vor allem Elektrotherapien, Rotlicht und Wärme. Viele der Betroffenen gehen auch gern in die Sauna oder ins Thermalbad. Falls Entzündungen im Spiel sind, hilft aber eher Kälte gegen lokale Beschwerden. Außerdem könnten manche Behandlungen die Reizschwelle erhöhen und damit die Empfindlichkeit vermindern.
Es gibt Kliniken und Tageskliniken, die auf das Fibromyalgie-Syndrom spezialisiert sind, psychosomatische Kliniken eignen sich weniger. Bei einer Depression oder anderen psychischen Belastungen könnte eine Psychotherapie sinnvoll sein. Verhaltens- und Körpertherapie wird manchmal auch empfohlen, um Schmerzen und Stress besser zu bewältigen.
Eine Therapie muss aber nicht generell sein. Es gibt vielfältige Kursangebote, die zur Entspannung und besseren Körperwahrnehmung beitragen können: Autogenes Training, progressive Muskelentspannung, Feldenkrais, Qui Gong, Meditation und andere Methoden könnten einen Versuch wert sein.
Link: Rheuma-Liga über das Fibromyalgie-Syndrom
https://www.rheuma-liga.de/rheuma/krankheitsbilder/fibromyalgie
Link: AWMF-Leitlinien zum Fibromyalgie-Syndrom
https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/145-004.html
Voriges Kapitel: Niedriger Blutdruck (Hypotonie)
Nächstes Kapitel: Das Chronic Fatigue Syndrom (CFS/ME)