Wenn Frauen älter werden, nimmt die Produktion der Sexualhormone allmählich ab. Lange bevor die meisten Frauen an die Wechseljahre (das Klimakterium) denken, schleichen sich die ersten Veränderungen ein. Dieses Kapitel gibt einen allgemein verständlichen Überblick über den Verlauf und die Behandlungsmöglichkeiten. Medizinische Ausdrücke sind zum Teil in Klammern eingefügt.
Inhalte dieses Kapitels
Progesteron in Prämenopause und Perimenopause
Das weniger bekannte Hormon Progesteron sinkt üblicherweise etliche Jahre vor den Östrogenen ab. Da sieht so aus, dass nach dem Eisprung weniger Progesteron produziert wird als früher. Das ist zwar ganz natürlich, kann aber bei manchen Frauen schon vor dem 40. Geburtstag erste Beschwerden mit sich bringen. Das prämenstruelle Syndrom (PMS) kann häufiger oder stärker auftreten. Diese Zeit nennt sich Prämenopause.
In der Prämenopause können neben normalen Zyklen vereinzelt auch solche ohne Eisprung (anovulatorische Zyklen) häufiger auftreten. Besonders typisch ist das für die letzten Jahre vor der Menopause (Perimenopause). Dass es zu einer Regelblutung kommt, heißt nämlich nicht generell, dass ein Eisprung vorausging. Wenn Sie herausfinden möchten, ob tatsächlich ein Eisprung stattfindet, können Sie den Zyklus beobachten, indem Sie die morgendliche Körpertemperatur messen. Dafür brauchen Sie ein genaues Fieberthermometer oder einen Messcomputer. Frauen, die auf natürliche Verhütung setzen und dabei sicher gehen möchten, achten auch noch auf andere körperliche Anzeichen, die ein Eisprung mit sich bringt.
Ausbleibender Eisprung und Progesteronmangel
Ohne Eisprung kommt es in der zweiten Zyklushälfte zu einem deutlichen und meist spürbaren Progesteronmangel, weil sich kein Gelbkörper bildet. Aber auch andere Ursachen für zu niedriges Progesteron sind möglich. Ein Mangel bedeutet eine relative Dominanz des Östrogens, da beide Hormone in Wechselwirkung zueinander stehen. Ein Überhang des Östrogens gegenüber Progesteron kann diverse Beschwerden auslösen, zu denen auch das PMS zählt (siehe voriges Kapitel über Sexualhormone und Zyklus).
Bei Frauen mit höherem Körperfettanteil ist die Östrogen-Dominanz häufiger als bei schlanken Frauen. Zu den typischen Symptomen zählen Zyklusstörungen, manchmal ist der Zyklus verkürzt und die Blutung zu stark. Auch wenn die Ursache meist harmlos ist, sollten starke Blutungen ärztlich abgeklärt werden, und vielleicht muss auch ein Eisenmangel behandelt werden. Außerdem kann eine Östrogen-Dominanz gutartige Veränderungen in der Brust begünstigen (Mastopathie).
Ein Progesteronmangel kann außerdem mit sich bringen, dass sich eine Histamin-Unverträglichkeit entwickelt, die zu den weniger bekannten Nahrungsmittel-Intoleranzen zählt und überwiegend bei Frauen vorkommt. Das Problem kann je nach Zyklusphase unterschiedlich stark ausfallen. Durch eine Behandlung mit Progesteron (Link zum folgenden Kapitel) kann es sich mit etwas Glück auch wieder bessern.
Symptome der Östrogendominanz
Aber auch Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen, Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme) und einige weitere Beschwerden sind bei einer Östrogen-Dominanz möglich. Die Probleme treten vor allem in der zweiten Zyklushälfte auf. Hier finden sich viele Übereinstimmungen mit dem prämenstruellen Syndrom (PMS), das auch schon in jüngeren Jahren vorkommen kann. Auch Eierstock-Zysten könnten begünstigt werden. Im Lauf der Wechseljahre können noch verstärkte Regelblutungen und Myome der Gebärmutter hinzukommen, der Blutverlust kann zu Eisenmangel führen.
Irgendwann in den Vierzigern machen sich bei den meisten Frauen sinkende Östrogenwerte dadurch bemerkbar, dass die Periode schwächer und unregelmäßiger wird. Diese Zeit nennt man in der Gynäkologie „Perimenopause“ – die letzte Regel rückt allmählich näher.
Die letzte Regelblutung wird auch „Menopause“ genannt. Meistens ist es in den frühen Fünfzigern so weit. Dass die letzte Blutung tatsächlich die letzte war, lässt sich naturgemäß erst rückwirkend mit ausreichendem Abstand feststellen. Deshalb sollten sich Frauen, deren Regel ausgeblieben ist, je nach Alter noch mindestens ein Jahr um Verhütung kümmern, wenn es notwendig ist.
Typische Beschwerden der Wechseljahre
Bei einigen Frauen bleibt die Periode einfach irgendwann aus, ohne dass weitere Probleme auftreten. Schlanke Frauen haben tendenziell weniger Beschwerden in den Wechseljahren als solche mit einem höheren Körperfett-Anteil, auch wenn schlanke Frauen weniger Östrogen produzieren. (Der Hintergrund: Östrogen wird nicht nur von den Eierstöcken, sondern auch vom Fettgewebe und in der Leber gebildet.)
Bei mindestens einem Drittel der Frauen geht die Zeit der hormonellen Umstellung mit deutlichen Symptomen einher: Typisch sind Hitzewallungen mit Schweißausbrüchen, die vor allem den Kopf und den Oberkörper betreffen, oft von einem Frösteln gefolgt. Auslöser der Hitzewallungen sind hormonelle Schwankungen. Um die Behandlungsmöglichkeiten geht es in den folgenden Kapiteln (beginnend mit Progesteron der Prämenopause).
Auch einige weitere Beschwerden und Probleme werden oft den Wechseljahren zugeschrieben, obwohl die Sache nicht immer eindeutig abgrenzbar ist: In dieser Lebensphase nehmen auch emotionale Labilität, Niedergeschlagenheit, Depressionen und Schlafstörungen zu. Ein Östrogenmangel könnte außerdem eine Insulinresistenz und Bluthochdruck begünstigen (Link zu Kapitel 7.5.), das betrifft besonders übergewichtige Frauen.
Link: Psychische Erkrankungen in der Menopause. Depressive Störungen und Psychosen (Gynäkologie 1/2009)
www.rosenfluh.ch/media/gynaekologie/2009/01/Psychische_Erkrankungen_in_der_Menopause.pdf
Niedrige Hormone nach der Menopause
Nach den Wechseljahren produziert der weibliche Körper praktisch kein Progesteron mehr. Auch der Östrogenspiegel ist bei den meisten Frauen niedrig, und so kann es bei manchen Frauen sogar zu einem leichten Testosteron-Überhang kommen, der sich zum Beispiel in der Behaarung zeigt (Stichwort „Damenbart“). Auch das Energielevel, der Tatendrang und das sexuelle Interesse könnten davon beeinflusst werden. Das Hormon Testosteron ist also nicht den Männern vorbehalten, in geringen Mengen bilden es auch die Eierstöcke und die Nebennierenrinden. Testosteron sinkt im Alter langsamer und gleichmäßiger ab als Progesteron und Östrogene. Übrigens gehen auch die Prohormone Pregnenolon und DHEA ganz allmählich zurück.
Allgemein kann der niedrigere Östrogenspiegel die Haut trockener und dünner werden lassen und trockene Schleimhäute mit sich bringen. Das kann sich sogar auf die Mundschleimhaut und das Zahnfleisch auswirken. Aber auch die Innenhäute der Gelenke brauchen Feuchtigkeit, deshalb haben viele Frauen nach den Wechseljahren häufiger Gelenkschmerzen. Bei niedrigem Östrogenspiegel steigt außerdem das Osteoporose-Risiko. Das betrifft besonders schlanke Frauen, weil ihre Östrogenproduktion stärker zurückgeht als bei Frauen mit höherem Körperfettanteil. Wegen der Knochendichte ist es sinnvoll, sich auch mit Vitamin D und Vitamin K2 zu befassen (Teil 11).
In den Jahren um und nach der Menopause beschleunigt sich außerdem der Abbau des Kollagens in Haut und Gelenkknorpeln: Vor den Wechseljahren verlieren Frauen ein Prozent Kollagen pro Jahr, um die Menopause gehen innerhalb von nur fünf Jahren bis zu 30 Prozent verloren. Danach pendelt sich der Abbau auf etwa zwei Prozent im Jahr ein. Danach pendelt sich der Abbau auf etwa zwei Prozent im Jahr ein. Die hier beschriebenen Auswirkungen auf Haut, Gelenke und Knochen können durch die Anwendung naturidentischer Hormone gebremst werden, zumindest solange die Hormone angewandt werden.
Sexualhormone im Labor untersuchen
Für Laboruntersuchungen sind Endokrinologie und Gynäkologie zuständig. Treten Anzeichen der Wechseljahre vor dem 45. Geburtstag auf, kann das FSH bestimmt werden. Es ist aber nur eine Momentaufnahme – FSH wird nämlich vermehrt ausgeschüttet, wenn kein Eisprung stattgefunden hat.
Außerdem könnten die eigentlichen Sexualhormone im Labor gemessen werden, und zwar im Serum (gebundene oder freie Hormone) oder im Speichel (freie Hormone). Je nach Anlass der Untersuchung sollte die Probe in einer bestimmten Zyklusphase genommen werden. Hier sollte man aber im Hinterkopf haben, dass nicht jeder Zyklus gleich lang sein muss und auch die Hormonkurven nicht in jedem Zyklus gleich ausfallen – nicht einmal bei jungen und gesunden Frauen.
Wenn die Wechseljahre mehr oder weniger typisch verlaufen, können ihre Phasen aber meistens anhand der körperlichen Veränderungen nachvollzogen werden – ohne entsprechende Laborwerte, die bei einem normalen Verlauf mehr Fragen aufwerfen als beantworten würden. Laborkontrollen sind eher geeignet, um bei einer Behandlung mit naturidentischen Hormonen zu prüfen, welcher Hormonspiegel sich durch die Einnahme der betreffenden Hormone eingestellt hat. Das gilt besonders für Frauen, die keinen Zyklus mehr haben und eine gleichmäßige Dosis der Sexualhormone anwenden.
Voriges Kapitel: Sexualhormone, Zyklus und Probleme bei Frauen
Nächstes Kapitel: Die Behandlung mit natürlichem Progesteron
Übernächstes Kapitel: Die Behandlung mit Östrogenen und Alternativen