Sexualhormone gibt es in verschiedensten Formen: Für die äußerliche Anwendung als Gel oder Creme, als Spray oder Pflaster, es gibt sie aber auch zum Einnehmen als Tablette oder Kapsel. Manche Hormone werden auch als Zäpfchen angeboten und in Sonderfällen als Injektion per Spritze. Über die Haut werden nur bioidentische Hormone eingesetzt, in Tablettenform gibt es auch andere Hormonpräparate.
Wer genau wissen möchte, welche Hormone es in welcher Form und welcher Dosierung gibt, kann in der Gelben Liste nachsehen – dort sind die entsprechenden Präparate aufgelistet: Dort finden Sie, welcher Wirkstoff von welchen Marken, in welchen Packungsgrößen und in welcher Stärke oder Dosierung verfügbar ist.
Ob eine orale Einnahme (als Tablette oder Kapsel) oder die transdermale Anwendung (über die Haut oder Schleimhaut) besser ist, hängt von den jeweiligen Hormonen ab, teils auch von der Verträglichkeit für die einzelne Person.
Inhalte dieses Kapitels
Hormone als Tabletten und Kapseln zum Einnehmen
Als Kapseln und Tabletten gibt es die Sexualhormone Progesteron, Estriol, Estradiol und Testosteron sowie Prohormone. Die künstlichen Gestagene und diverse Östrogen-ähnliche Medikamente gibt es nur zum Einnehmen.
Werden Sexualhormone geschluckt, nehmen sie den Umweg über die Leber, wo sie umgewandelt und abgebaut werden können, das gilt auch für die Prohormone. Bei der Einnahme wird deshalb tendenziell eine höhere Dosis benötigt als bei der Aufnahme über die Haut (siehe unten). Der Leber schaden sinnvoll dosierte Hormone nicht, aber die Vor- und Nachteile der oralen Einnahme hängen vom einzelnen Hormon ab und sollten genauer betrachtet werden.
Kurz: Die Einnahme hat bei Östrogen eher Nachteile, bei Progesteron eher Vorteile.
Der Grund: Werden Östrogene geschluckt, produziert die Leber mehr Gerinnungsfaktoren für das Blut. Damit steigt das Risiko, eine Thrombose und einen Schlaganfall zu erleiden. Das gilt grundsätzlich für bioidentisches Estradiol und auch für andere Östrogene wie das Ethinylestradiol.
Bei Progesteron hat die Umwandlung nach der Einnahme eher Vorteile, denn der Körper bildet Allopregnanolon, das schlaffördernd und angstlösend wirken kann. (Hintergrund: Allopregnanolon dockt an den GABA-Rezeptor an.) Trotzdem vertragen es nicht alle Frauen gleich gut. Wer damit Probleme hat, kann versuchen, die Kapseln vaginal anzuwenden, oder auf das Gestagen Dydrogesteron ausweichen.
Hormone als Zäpfchen über die Schleimhaut
Werden Progesteron-Kapseln vaginal angewendet, wirken sie besonders gut in der lokalen Umgebung, also auch der Gebärmutter. Wenn Progesteron im Rahmen einer Östrogen-Behandlung nötig ist, um die Uterusschleimhaut zu schützen, funktioniert das sehr gut. Regulär vorgesehen ist die vaginale Anwendung von Progesteron-Kapseln nur bei Schwangeren, doch es funktioniert natürlich auch bei anderen Frauen.
Die Vagnialschleimhaut nimmt Sexualhormone sehr gut auf. Auch wenn die Hormone vor allem dort und in der näheren Umgebung wirken, gelangen sie trotzdem in die Blutbahn und verteilen sich im Körper.
Gegen lokale Beschwerden der Vaginalschleimhaut (und nebenbei der Blase) in den Wechseljahren wird üblicherweise das milde Estriol verschrieben, es ist als Creme und als Zäpfchen zu haben. Solche Zäpfchen können provisorisch geteilt werden (Trick: verpacktes Zäpfchen einfach durchbeißen). Wird Estriol nicht gut vertragen (in der Anfangszeit kann es brennen), kann auf sehr niedrig dosierte Estriol-Zäpfchen (0,03 mg) ausgewichen werden, oder auf Zäpfchen mit dem Prohormon DHEA, das der Körper selbst in Hormone umwandeln kann.
Zäpfchen lassen sich vaginal unkomplizierter anwenden als die Estriol-Creme mit dem Applikator, die Creme ist allerdings auch äußerlich einsetzbar. Zäpfchen und Creme können aber gut abwechselnd oder kombiniert eingesetzt werden – die Zäpfchen vaginal, die Creme am Scheideneingang und an der Harnröhrenmündung.
Progesteron und Estriol (oder DHEA) dürfen auch zusammen vaginal eingesetzt werden, im Detail erforscht sind Wechselwirkungen aber nicht. Vaginal eingesetzte Kapseln und Zäpfchen wendet man am besten vor dem Schlafengehen an, weil sie so länger an Ort und Stelle bleiben.
Aufnahme der Hormone über die Haut (“transdermal”)
Die Haut kann bioidentische Sexualhormone aufnehmen und im Fett speichern. Von dort werden sie nach und nach wieder abgegeben.
Alle bioidentischen Hormone sind als Gel, Creme oder Spray auf dem Markt: Progesteron, Estriol, Estradiol, Testosteron, ebenso Prohormone (Pregnenolon und DHEA). Das Gel, die Creme oder das Spray wird täglich auf die Haut aufgetragen, die Hormone dringen in die Haut ein. Mit dem Ankleiden wartet man, bis es getrocknet ist. Die Hände zu waschen ist sinnvoll, um keine Hormone an andere Menschen weiterzugeben, das betrifft besonders Estradiol und Testosteron.
Eine Behandlung mit Estradiol über die Haut hat weniger Nebenwirkungen als geschluckte Östrogen-Tabletten (siehe oben). Progesteron ist zwar über die Haut auch anwendbar und gut verträglich, wirkt aber eher lokal und wird darum vor allem bei Brustspannen eingesetzt (“Progestogel”). Progesteron darf versuchshalber auch an anderen Stellen eingesetzt werden, das Gel aber nicht auf Schleimhäuten, weil es Alkohol enthält. Es gibt aber Frauen, die es in den Achseln auftragen, wenn Schweißgeruch im Zusammenhang mit den eigenen Sexualhormonen und Progesteronmangel stehen könnte.
Da Progesteroncreme oder -gel vor allem an Ort und Stelle wirkt, kann damit kein zuverlässiger Schutz der Gebärmutter-Schleimhaut aufgebaut werden. Deshalb eignet sich Progesteron über die Haut nicht zur alleinigen Kombination mit Estradiol. Es kann aber in frühen Stadien der Wechseljahre gut alleine eingesetzt werden, oder kombiniert mit den mild wirkenden Estriol-Zäpfchen eingesetzt werden, wenn das stärkere Estradiol nicht nötig oder nicht gewünscht ist.
Testosteron sowie Prohormone (Pregnenolon und DHEA) sind ebenfalls als Gel oder Creme zu bekommen, sie sind aber, von Pregnenolon abgesehen, verschreibungspflichtig. Auch Frauen in den Wechseljahren brauchen ab und zu etwas Testosteron, aber in viel niedrigeren Dosierungen als Männer. Derzeit gibt es leider keine speziell für Frauen zugelassenen Testosteron-Präparate.
Außerdem gibt es Hormonpflaster: Sie geben Hormone nach und nach ab, die in die Haut eindringen und im Fett gespeichert werden. Hormonpflaster sind allerdings nur bei einer Behandlung mit Estradiol oder Testosteron üblich.
Wo trägt man die Hormoncreme oder das Gel auf? Besonders im Zusammenhang mit privat verschriebener Progesteroncreme liest man oft den Tipp, die Creme auf dünne Haut in der Armbeuge oder den Kniekehlen aufzutragen. Notwendig ist das nicht: An dünnen Stellen mit feiner Haut und wenig Fett kommen die Hormone zwar schneller ins Blut, doch es darf und soll sich ein Depot im Fettgewebe aufbauen und die Hormone von dort nach und nach abgeben.
Laborwerte kontrollieren bei Sexualhormonen
Bei einer Behandlung mit bioidentischen Hormonen (Progesteron, Estradiol, Testosteron) ist eine Kontrolle des Hormonspiegels sinnvoll und möglich. Bei Ethinylestradiol (sog. Pillen-Östrogen), bei künstlichen Gestagenen und bei Dydrogesteron ist das nicht der Fall. Auch wenn die Tests nicht sehr exakt sind, eignen sie sich gut, dass erfahrene Gynäkologen die Lage ungefähr einschätzen können.
Die in der Arztpraxis üblichen Hormonwerte im Serum sind völlig in Ordnung, ein alternativer Test im Speichel ist nicht sinnvoll. Die hohen Werte, die bei einem Speicheltest herauskämen, werden gelegentlich fehlinterpretiert und anschließend verwendet, um Patientinnen und Patienten die Hormonbehandlung wieder auszureden.
Die angewandten Hormonpräparate braucht man am Tag der Messung der Sexualhormone nicht weglassen, denn es wird (anders als bei L-Thyroxin) sowieso kein stabiler Spiegel aufgebaut. Bei der Einnahme von Estradiol als Kapsel oder Tablette gibt es morgens einen Peak, doch die Werte sinken im Lauf des Tages stärker ab. Beim Gel ist die Kurve viel flacher, es braucht morgens ebenfalls nicht weggelassen werden. (Quelle: Dr. Kathrin Schaudig im Wechseljahre-Podcast “Hormongesteuert”). Informieren Sie Ihre Gynäkologin, wie Sie es handhaben, damit das bei der Auswertung der Laborwerte berücksichtigt wird.
Wer eine Hormoncreme oder ein Gel am Arm oder in der Armbeuge aufträgt, sollte bedenken: An diesen Stellen wird auch das Blut abgenommen, sodass der Laborwert durch die dort gespeicherten Hormone etwas verfälscht sein könnte.
Hormone können aber genauso auf die Beine aufgetragen werden. Das müssen auch nicht die Kniekehlen (als Pendant zu den beliebten Armbeugen) sein – auch die Oberschenkel und die Hüften kommen in Frage. Bei Östrogenen kommt hinzu, dass zumindest von den Beinen die Entfernung zu den Brüsten größer ist als von den Armen: Das ist günstig, weil möglichst wenig von den angewandten Östrogenen in den Brüsten ankommen soll, um das Brustkrebsrisiko möglichst niedrig zu halten.
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