B-Vitamine sind wichtig für die Verdauung, das Immunsystem, das Nervensystem, das Gedächtnis, die Psyche – entsprechend vielfältig könnten die Symptome eines Mangels ausfallen. Zwischen verschiedenen B-Vitaminen gibt es Wechselwirkungen, sodass ein Mangel nicht immer allein kommt und eine kombinierte Einnahme sinnvoll sein kann. In der Schwangerschaft und bei chronischen Erkrankungen kann der Bedarf an B-Vitaminen erhöht sein. Auch Alkohol ist ein Vitamin-B-Räuber.
Inhalte dieses Kapitels
B-Vitamine bei Krankheiten und Beschwerden
Diabetes steigert besonders den Bedarf an Vitamin B1. Auch bei Depressionen oder Schmerzen kann eine Extraportion B1 versucht werden. Vitamin B5 (Pantothensäure) gilt als besonders wichtig bei Stress und Cortisolmangel.
Etwas B6 fehlt möglicherweise beim prämenstruellen Syndrom und bei Histamin-Unverträglichkeit. Auch bei der Aufnahme und Nutzung mancher Mineralien spielt das Vitamin eine Rolle. Fehlt morgens ständig die Erinnerung an den letzten Traum, könnte das ein Hinweis auf einen B6-Mangel sein – das bedeutet nicht, dass jemand nichts träumt, sondern dass das Kurzzeitgedächtnis die Information nicht behält. B6 sollte aber nicht am Abend genommen werden, weil es den Schlaf stören könnte.
Manche Medikamente können die Aufnahme oder Verwertung von B-Vitaminen verschlechtern. Lassen Sie sich im Zweifel in der Apotheke beraten.
Link: Vorsicht, Vitamin-B-Räuber! (PTA heute, 2021)
www.ptaheute.de/aktuelles/2021/02/24/vorsicht-vitamin-b-raeuber
Vorsicht bei hoch dosierten B-Vitaminen
Wird Vitamin B6 regelmäßig eingenommen, können auch Überdosierungen zu Nebenwirkungen führen. Bis zu 25 mg B6 pro Tag wurden zwar für sicher erklärt, die individuelle Empfindlichkeit kann aber sehr unterschiedlich ausfallen. Mögliche Zeichen einer Überdosierung sind neben Schlafstörungen auch neurologische Symptome wie Kribbeln.
Sehr hoch dosierte Vitamin-B-Komplexe, zum Beispiel aus den USA, sind jedenfalls nicht empfehlenswert. Aufpassen müssen auch Menschen, die wegen einer angeblichen HPU/KPU-Diagnose von einem Vitamin-B6-Mangel ausgehen und sich entsprechend beworbene Präparate besorgen (Link führt zu Kapitel 10.5.).
Bei zu viel Niacin (Vitamin B3) kann es zu Flush-Effekten kommen, typische Symptome sind Hautrötungen und ein Hitzegefühl. Ganz anders verhält es sich mit Niacinamid (manchmal auch Nicotinamid genannt): Diese weniger bekannte B3-Verbindung ist auch in hoher Dosis sehr gut verträglich. Neuerdings empfehlen manche Hautärzte die Einnahme von Niacinamid, weil es zur Reparatur von UV-Schäden in der obersten Hautschicht beitragen kann. Dadurch kann sogar das Risiko etwas sinken, weißen Hautkrebs und dessen Vorstufen (sog. aktinische Keratosen) zu bekommen. Ein Ersatz für Sonnenschutz ist hoch dosiertes Niacinamid aber nicht.
Link: Vitamin B3-Derivat beugt Hautkrebs in Studie vor (Ärzteblatt, 2015)
www.aerzteblatt.de/nachrichten/64556/Vitamin-B3-Derivat-beugt-Hautkrebs-in-Studie-vor
Biotin (Vitamin B7)
Biotin spielt in etlichen Enzymen eine Rolle, daher ist es an vielen Stoffwechselprozessen im Körper beteiligt. Es wird auch für das Zellwachstum sowie die Protein- und DNA-Synthese gebraucht. Außerdem fördert es die Neubildung der Haarwurzeln und des Nagelbettes. Biotin wird oft für Haut, Haare und Nägel empfohlen, manchmal auch für Nerven und Psyche. Es bringt aber nur etwas, wenn jemand tatsächlich knapp mit dem Vitamin versorgt ist.
Der Tagesbedarf ist nicht genau bekannt, vermutlich kann er über eine ausgewogene Ernährung gedeckt werden. Ausnahmen sind am ehesten bei Schwangeren wahrscheinlich, außerdem bei regelmäßigem Alkohol- und Zigarettenkonsum. Biotin ist vor allem in Leber, Eigelb, Hefe, Weizenkeimen, Nüssen, Haferflocken und Sojabohnen enthalten. Wer diese Lebensmittel kaum isst, könnte auch ein wenig Biotin einnehmen.
Das Vitamin wird in geringen Mengen in der Leber gespeichert. Da es wasserlöslich ist, können Überschüsse gut abgebaut und ausgeschieden werden. Ein Versuch mit handelsüblichem Biotin ist deshalb recht unproblematisch, obwohl die derzeit üblichen Tabletten aus der Drogerie mit den enthaltenen 5 mg den Bedarf weit überschreiten dürften. Es bietet sich also an, diese Tabletten zu halbieren oder zu vierteln. Allerdings kann Biotin manche Laborwerte verfälschen, je nach Labor auch die Schilddrüsenwerte: Deshalb ist es sinnvoll, Tabletten und B-Komplexe mit Biotin am Morgen der Blutentnahme wegzulassen, hoch dosierte Präparate zur Sicherheit auch am Vortag.
Link: Sorgt Biotin für gesunde Haut, glänzende Haare und feste Nägel? (Verbraucherzentrale 2021)
www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/sorgt-biotin-fuer-gesunde-haut-glaenzende-haare-und-feste-naegel-13635
Folsäure und Folat (Vitamin B9)
Warum gibt es mehrere Begriffe für ein Vitamin? Die Folsäure ist die synthetisch hergestellte Form des Vitamins Folat. Der Körper muss Folsäure erst zu Folat umwandeln, damit das Vitamin seine Aufgaben im Stoffwechsel erfüllen kann, dafür wird Vitamin B12 gebraucht. In einigen Fällen funktioniert diese Umwandlung nicht richtig, daher enthalten einige Vitaminpräparate direkt Folat. Diese bioaktive Form wird auch Methylfolat genannt.
Bei Lebensmitteln, die von Natur aus Folat enthalten, wird das Vitamin in Folsäure umgerechnet und dann auch so genannt, zum Beispiel in Vitamintabellen. Folat bzw. Folsäure kommt vor allem in Leber, Weizenkeimen, Hülsenfrüchten, Eiern und Hefe vor. Außerdem ist das Vitamin in grünem Gemüse, in frischen Blattsalaten und in Haferflocken in relevanten Mengen enthalten. Bei langer Lagerung, beim Kochen und beim Warmhalten geht ein Teil verloren.
Folsäure brauchen wir für die Zellteilung und Blutbildung, die DNA-Synthese, den Protein- und Fettstoffwechsel. Unsere Leber kann einen Folsäure-Vorrat für wenige Monate speichern. Eine Unterversorgung kommt dennoch häufig vor: Die durchschnittliche Zufuhr liegt in Deutschland bei etwa 200 µg täglich, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt allerdings 300 µg (µg = Mikrogramm).
Wer sich auf einen Folsäuremangel untersuchen lassen möchte, kann im Labor das Folat im Serum messen lassen. Wird ein Mangel oder eine knappe Versorgung festgestellt, ist es sinnvoll, mehr Folat über die Nahrung oder über passende Präparate aufzunehmen.
Folsäure zusätzlich einnehmen
Etwas Folsäure zusätzlich einzunehmen, kann auch bei einer Unverträglichkeit von Fruchtzucker (Fruktose) sinnvoll sein: Viele Betroffene ernähren sich zu einseitig und essen eher wenig grünes Gemüse und Salat.
Auch bei psychischen und neurologischen Erkrankungen kann Folsäure versucht werden. Wenn allerdings ein Verdacht auf Vitamin-B12-Mangel (siehe nächstes Kapitel) besteht, sollten Sie erst diesen Mangel abklären und behandeln lassen, bevor Sie Folsäure zusätzlich einnehmen. Das gilt ebenso vor einer Schwangerschaft.
Folsäure ist in gängigen Vitamin-B-Präparaten enthalten, üblich sind dabei 200 bis 600 µg pro Tablette oder Kapsel. Für Frauen mit Kinderwunsch sowie für die Schwangerschaft empfiehlt die DGE 550 µg, für die Stillzeit 450 µg. Der in der Nahrung enthaltene Anteil ist hier mitgerechnet. Es sollten nicht mehr als 1000 µg Folsäure pro Tag sein. Diese Obergrenze gilt aber nicht für das natürliche Folat aus der Nahrung.
Link: Fragen und Antworten zu Folat (DGE)
www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/folat
Einnahme: B-Vitamine, Biotin und Folsäure nehmen Sie je nach Verträglichkeit zwischen den Mahlzeiten oder direkt zum Essen. Mehrere kleine Portionen über den Tag verteilt sind wirksamer als eine große. Vitamin-B-Kapseln können bei Bedarf geöffnet und das Pulver in Wasser oder Saft aufgelöst werden. B-Vitamine vertragen sich mit allen anderen Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen.
Voriges Kapitel: Vitamin C bei Erkältungen und Hashimoto?
Nächstes Kapitel: Vitamin-B12-Mangel erkennen und behandeln
Übernächstes Kapitel: Vitamin D für Knochendichte und Immunsystem