Bioidentische Hormone von der Krankenkasse (Wechseljahre und PMS)
Bild: Bioidentische Hormone, bezahlt von der gesetzlichen Krankenkasse (Beispiele)
Manche Frauen in den Wechseljahren interessieren sich für eine Behandlung mit bioidentischen Hormonen – entweder mit Progesteron oder in einer Kombination mit Östrogenen.
Einige befassen sich schon sehr früh damit, wenn in der zweiten Zyklushälfte öfter mal etwas Progesteron fehlt und PMS-Symptome auftreten. Andere stoßen erst spät auf das Thema, wenn die Wechseljahre nicht mehr zu übersehen sind, der Zyklus sehr unregelmäßig wird oder die Blutung ganz ausbleibt. Dann kommen oft Hitzewallungen, Nachtschweiß, Schlafstörungen und weitere massive Beschwerden hinzu, sodass der Leidensdruck groß ist und eine Hormonersatztherapie interessant werden kann.
Inhalte dieses Kapitels
Hormonersatztherapie (HET) in der Diskussion
Am bekanntesten ist immer noch eine Hormonersatztherapie (HET) mit Tabletten. Sie enthalten meist künstliche Hormone, die nicht dem Vorbild aus dem menschlichen Hormonhaushalt entsprechen. Solche Behandlungen wurden lange eingesetzt, bis eine große gesundheitliche Studie (Womens Health Initiative / WHI-Studie) international negative Schlagzeilen machte. Die damals verwendeten Östrogene waren konjugierte Stuten-Östrogene, die man aus Pferdeurin gewonnen hatte (dadurch wurden sie früher als „natürliche“ Östrogene beworben). Außerdem hatten die Teilnehmerinnen der Studie die Wechseljahre bereits hinter sich, weil diese nicht das Hauptthema der Studie waren: Das Ziel war also gar nicht die Behandlung von typischen Beschwerden der Wechseljahre, man wollte andere medizinische Wirkungen der Hormonersatztherapie erforschen.
Durch die Studienergebnisse und die negativen Medienberichte darüber wurde eine Hormonersatztherapie für manche Frauen insgesamt unattraktiv, obwohl es verschiedenste Präparate und Kombinationen gibt. Andere Frauen fragen vor der Verschreibung eines Präparats genauer nach, was eigentlich enthalten ist, und interessieren sich besonders für bioidentische Hormone, die baugleich mit dem menschlichen Original sind. Diese kann unser Körper wegen der identischen Strukturformel nicht von den selbst erzeugten Hormonen unterscheiden. Dadurch sind sie recht gut verträglich, was aber nicht generell bedeuten muss, dass die Anwendung völlig ohne Risiken ist (siehe unten).
Bioidentisches Progesteron
Beim Progesteron aus der Apotheke ist die Sache einfach: Wenn es Progesteron heißt, ist es auch welches, egal ob gesetzlich oder privat verschrieben. Man verwendet normalerweise mikronisiertes Progesteron, weil es gut aufgenommen wird. Zusatzbegriffe „bioidentisch“ oder „naturidentisch“ oder „natürlich“ sind in der Werbung für privatärztlich verschriebene Progesteroncreme üblich, aber in der Sache eigentlich nicht nötig.
Künstliche Hormone, die ihrem natürlichen Vorbild nur ähneln, nennt man nämlich in der Medizin und in der Apotheke nicht Progesteron, sondern Gestagene (von Übersetzungsfehlern in Medienberichten einmal abgesehen). Reine Pflanzenextrakte enthalten gar keine Hormone, auch nicht die Yamswurzel – sie ist nur als Rohstoff wichtig, um daraus im Labor das benötigte Progesteron herzustellen. Das wurde schon vor über 70 Jahren in Amerika entdeckt, würde aber auch mit einigen anderen Pflanzen funktionieren.
Bioidentische Östrogene
Auch beim Thema Östrogene (auch „Estrogene“ geschrieben) sollte man genau hinsehen und auch auf die Schreibweise achten: Hier kommen zweierlei bioidentische Östrogene in Frage – Estriol (Östriol) und Estradiol (Östradiol). Das mildere Estriol wirkt vor allem lokal an und nahe der angewandten Stelle: Üblicherweise wird es vaginal eingesetzt und kann nebenbei auch Harnröhre und Blase beeinflussen. Viel stärker als Estriol wirkt Estradiol (genau gesagt 17-beta-Estradiol). Zudem wirkt es systemisch im ganzen Körper, auch wenn es nur lokal auf der Haut aufgetragen wird. Beim Estradiol hat so eine transdermale Behandlung weniger Nebenwirkungen als die Einnahme (anders als bei Progesteron, da hat die Einnahme als Kapsel eher Vorteile).
Dem bioidentischen Östrogen noch recht nahe steht der Wirkstoff Estradiolvalerat: Der Stoffwechsel kann diese Verbindung in bioidentisches Estradiol umwandeln. Das funktioniert nur, wenn man die Vorstufe als Tablette einnimmt, was aber nicht so günstig ist (siehe unten).
Risiken der bioidentischen Hormone
Progesteron und Estriol bringen – wenn überhaupt – nur sehr geringe Risiken mit sich, was das Krebsrisiko und weitere ernste Probleme angeht. Hier überwiegen klar die Vorteile, wenn vorübergehend oder langfristig ein Mangel vorliegt, der Probleme macht, und die Behandlung gut vertragen wird.
Bei Estradiol und bei Kombinationen aus Estradiol mit Progesteron muss man die Sache differenzierter betrachten, denn durch dieses stärkere Östrogen kann das Brustkrebsrisiko mit der Zeit ganz leicht ansteigen. Die Risiken hängen also auch von der Dauer der Anwendung ab. Für mehr Gewissheit in der Zukunft könnte es sich lohnen, die Studienlage im Auge zu behalten und darauf zu achten, welche Art von Hormonersatztherapie konkret erforscht wurde (angewandte Hormone, Dosis, Dauer …).
Bei der oralen Einnahme von Östrogenen als Kapsel oder Tablette kommen noch weitere Risiken hinzu (z.B. Thrombose), die bei einer Aufnahme über die Haut wegfallen. Bei Progesteron hat die Einnahme keine höheren Risiken als die Anwendung als Gel oder Creme, die eigentliche Wirkung ist nach Einnahme und Verwertung über die Leber sogar besser (ausführlicher erklärt im ganz unten verlinkten Progesteron-Kapitel).
Was sind Rimkus-Kapseln und die Rimkus-Methode?
Der Gynäkologe Volker Rimkus hat vor Jahren sein eigenes Präparat entwickelt: Seine „Rimkus-Kapseln“ enthalten die Hormone Estradiol und Progesteron, außerdem die Spurenelemente Kupfer und Zink. Die neueste Variante enthält zusätzlich noch niedrig dosiertes Vitamin D, bei Bedarf kann auch etwas Testosteron ergänzt werden. Olivenöl als Lösungsmittel soll die Verwertung in der Leber und damit einige mögliche Nebenwirkungen des Estradiols umgehen, zumindest wenn das so gut klappt wie gedacht. Ein Verein, der unter dem Namen „Hormonnetzwerk“ auftritt, bietet Schulungen zur „Rimkus-Methode“ an. Die Absolventen nennen sich „Rimkus-Therapeuten“ und kommen aus unterschiedlichen medizinischen Fachrichtungen, angeblich gibt es schon mehr als 500 von ihnen.
Manche Behandler werben auf eine Art und Weise für ihr Angebot und für die Rimkus-Kapseln, dass man fast den Eindruck bekommt, es handle sich um die einzige Möglichkeit, bioidentische Hormone in den Wechseljahren zu erhalten. Manche Rimkus-Therapeuten bestreiten außerdem, dass Risiken und Nebenwirkungen möglich sind, wenn die Dosierung stimmt, und schieben solche Probleme ausschließlich den künstlichen Hormonen zu. Solche Aussagen lassen sich auf einigen Internet-Seiten von Anbietern finden.
Eine Apothekerin beschreibt auf dem Portal der Deutschen Apotheker Zeitung, wie man die Rimkus-Kapseln herstellt: Die Apotheke befüllt einen Satz Hartkapseln manuell mit einer Mischung aus Olivenöl, einem Bindemittel, den bioidentischen Hormonen und weiteren Zutaten, was recht umständlich wirkt. Die Apothekerin kritisiert außerdem, dass die bei der Rimkus-Methode angestrebten Hormonwerte denen einer jungen Frau entsprechen, sie sind beim Estradiol sehr hoch angesetzt. Das erklärt auch, warum die Rimkus-Kapseln in den beispielhaft gelisteten Mengenangaben eine hohe Estradiol-Dosis enthalten.
Bioidentische Hormontherapie flexibel beginnen
Derartige Dosierungen sind nicht generell nötig. Manchmal genügt eine deutlich geringere Menge, um Beschwerden aufgrund eines Östrogenmangels zu lindern oder hinter sich zu lassen. Wichtig zu wissen ist, dass Estradiol überhaupt erst in einer späten Phase der Wechseljahre nötig werden kann. Dagegen können die Progesteronwerte schon viel früher absinken, zehn Jahre vor der Menopause sind sogar relativ typisch – dann treten oft Symptome des prämenstruellen Syndroms (PMS) auf. Daher ist es oft sinnvoll, eine Behandlung schon viel früher, aber allein mit dem unproblematischeren Progesteron anzufangen und das Hormon flexibel zu dosieren – je nachdem, welche Dosis gerade gebraucht wird, um Beschwerden loszuwerden.
Frauen können außerdem jederzeit das milde Estriol lokal einsetzen, wenn typische Symptome dazu kommen. Weitere Chancen in der Prämenopause könnte möglicherweise Pregnenolon bieten – ein Prohormon, das der Körper selbst in andere Hormone umwandeln kann und dessen Produktion im Lauf des Lebens allmählich sinkt. In der Perimenopause, den Jahren rund um die letzte Blutung, könnten Frauen immer noch das stärkere Estradiol ergänzen, falls es dann noch nötig ist. Die Entscheidung ist also komplexer und flexibler als die oft diskutierte Frage Hormonersatztherapie in den Wechseljahren – ja oder nein?
Mehr zur Behandlung mit Progesteron, Estriol und Estradiol lesen Sie in den unten verlinkten Kapiteln des Online-Ratgebers. (Zu Pregnenolon gibt es noch wenig Literatur, es wird vor allem von einzelnen Privatpraxen und Anti-Aging-Ärzten empfohlen.)
Wichtig zu wissen ist auch: Rezeptfreie Hormoncremes, die im Namen den Zusatz „D4“ tragen (z.B. „Estriol D4“ oder „Progesteron D4“), sind homöopathische Zubereitungen. Von diesen kann keine direkte hormonelle Wirkung erwartet werden – dafür sind die Hormone in viel zu geringen Anteilen in solchen Cremes enthalten.
Bioidentische Hormone von der Krankenkasse
Das Bild ganz oben zeigt stellvertretend mehrere Präparate mit bioidentischen Sexualhormonen, die alle als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland zu bekommen sind, wenn sie jemand verschreibt. Manche Gynäkologin ist durchaus dazu bereit, wenn sie sich etwas damit auskennt und ein guter Grund vorhanden ist. (Das Bild stellt keine Empfehlung für eine Behandlung dar, ich habe einfach einige Präparate zur Hand genommen, die ich da hatte oder mir als Verpackung für das Foto zur Verfügung gestellt wurden.)
Gesetzlich versicherte Frauen in Deutschland können sich bei passenden Beschwerden folgende bioidentische Sexualhormone als Kassenleistung verschreiben lassen:
Die meisten Hormonpräparate sind unter verschiedenen Markennamen auf dem Markt, das stark wirksame Estradiol außerdem in sehr unterschiedlichen Dosierungen. Dadurch sind die Behandlungsmöglichkeiten sehr flexibel. Die Progesteron-Kapseln zum Einnehmen können bei Bedarf auch vaginal angewandt werden, wo sie etwas anders wirken. Für den Einsatz als vaginale Zäpfchen gibt es zwar extra Kapseln, aber diese sind nur teurer, obwohl die Zusammensetzung identisch ist. Außerdem werden sie nur in der 200er Dosis angeboten. – In Österreich ist das Angebot an Präparaten für den Hormonersatz recht ähnlich wie in Deutschland.
Testosteron übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland nur bei Männern, nicht bei Frauen – sie bräuchten bei Bedarf ein Privatrezept. Das Prohormon DHEA ist allgemein nur mit Privatrezept in der Apotheke erhältlich. Pregnenolon (ebenfalls ein Prohormon) ist in Deutschland einfacher zu bekommen, und zwar als rezeptfreie Creme in manchen Apotheken. Auch einige andere Hormone wie das Schilddrüsenhormon L-Thyroxin und Cortisol sind übrigens bioidentisch gebaut und können als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen verschrieben werden, wenn es nötig ist.
Zum Weiterlesen im Online-Ratgeber (Teil 6 über Sexualhormone)
6.2. Von der Prämenopause zu den Wechseljahren
6.3. Die Behandlung mit natürlichem Progesteron
6.4. Die Behandlung mit Östrogenen und Alternativen (über Estriol und Estradiol u.a.)
Außerdem im Blogartikel erwähnte Themen:
Die Spurenelemente Zink und Kupfer (Link zu Teil 10) sowie
11.4. Vitamin D für Knochendichte und Immunsystem
Bearbeitungssstand: 2. September 2024
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