Wer Schilddrüsenhormone nicht mehr benötigt, kann sie wieder ausschleichen oder absetzen. In diesem Kapitel geht es speziell um L-Thyroxin, also um T4 ohne extra T3.

Wie kann man L-Thyroxin ausschleichen?

L-Thyroxin auszuschleichen heißt: Die Hormone werden Schritt für Schritt reduziert. Wer zum Beispiel 75 µg L-Thyroxin nimmt, könnte die Tablette vierteln und mehrere Wochen lang 69 µg nehmen, dann 56 µg, dann 19 µg und schließlich absetzen. Wer überprüfen möchte, ob die Schilddrüse genug Hormone produzieren kann, um die nun fehlende Menge L-Thyroxin auszugleichen, kann zwischendurch die Laborwerte kontrollieren lassen. Das ist besonders dann sinnvoll, wenn unsicher ist, ob es die Schilddrüse schaffen wird.

Vor einer Blutentnahme sollten Sie aber eine Dosis lange genug gehalten haben, ganz ähnlich wie nach Steigerungen der Dosis: Es ist sinnvoll, der Schilddrüse mindestens sechs Wochen Zeit zu geben, sonst werfen die neuen Laborwerte mehr Fragen auf, als sie beantworten.

Ausschleichen oder sofort absetzen?

Wenn die L-Thyroxin-Dosis ohnehin nicht hoch war, kommt das unmittelbare Absetzen eher in Frage, als bei einer hohen Dosis und einer niedrigen Eigenproduktion an Hormonen. Aber auch bei einer mäßigen Dosis bis 50 µg darf man einen Zwischenschritt machen.

Wer L-Thyroxin ohne Zwischenschritte unmittelbar absetzt, sollte sich sicher sein, es nicht mehr zu brauchen.

Wann wird L-Thyroxin nicht mehr benötigt?

Wer eine eigentlich gesunde Schilddrüse hat, die aber leicht vergrößert ist, bekommt oft Jodid oder L-Thyroxin verschrieben, oder eine Kombination aus beidem. Wer L-Thyroxin über längere Zeit genommen hat und die Behandlung geholfen hat, kann die Schilddrüsenhormone in Absprache mit dem behandelnden Arzt möglicherweise wieder weglassen oder durch ein Präparat mit Jodid ersetzen.

Wird L-Thyroxin bei einer postpartalen Thyreoiditis (d.h. nach einer Geburt) oder der schmerzhaften Thyreoiditis de Quervain gegeben, besteht ebenfalls die Hoffnung, dass die Behandlung nur übergangsweise nötig ist. Besprechen Sie einfach mit der behandelnden Facharztpraxis, wann der passende Zeitpunkt ist, L-Thyroxin etwas zu reduzieren.

Wenn der fT4-Wert bei gleichbleibender Dosis steigt und/oder der TSH-Wert sinkt, muss das nicht zwingend heißen, dass L-Thyroxin gar nicht mehr gebraucht wird: Es kann auch sein, dass der Bedarf gesunken ist und die Dosis angepasst werden sollte.

L-Thyroxin ausschleichen bei fehlender Diagnose?

Manche Menschen bekommen L-Thyroxin verschrieben, seit ein leicht erhöhter TSH-Wert festgestellt wurde, aber trotz gründlicher Untersuchung keine Erkrankung der Schilddrüse entdeckt wurde. Das passiert manchmal, wenn die Faustregel angewandt wird, dass der TSH-Wert bei Kinderwunsch um 1 herumliegen sollte, oder in der Schwangerschaft, wenn die Patientin und ihre behandelnden Ärzte bei leicht steigendem TSH-Wert nur zur Sicherheit auf L-Thyroxin setzen, um keine Unterfunktion zu riskieren. Solche provisorischen Konstellationen werfen später die Frage auf, ob L-Thyroxin wirklich nötig war. Es ist aber sinnvoll, das Ausschleichen vorsichtig anzugehen und im Zweifelsfall mit Experimenten bis nach der Stillzeit zu warten.

Wer nur wegen eines leicht erhöhten TSH-Wertes L-Thyroxin bekommen hat, sollte vorhandene Befunde prüfen und fehlende Untersuchungen nachholen (siehe Teil 2 – Wege zur Diagnose). Wenn Sie sich seit Beginn mit L-Thyroxin besser fühlen, dürfen Sie dies neben den Laborwerten ebenfalls ernst nehmen und die behandelnde Ärztin darüber informieren.

Keine guten Gründe, das L-Thyroxin wegzulassen

Dass man keine Lust auf L-Thyroxin und die tägliche Tablette hat. (Niemand nimmt Medikamente aus Lust und zum Spaß – von Drogen mal abgesehen.)

Dass es zu mühsam scheint, sich auch selbst mit den Schilddrüsenwerten zu befassen. Dass sich alles so anstrengend anfühlt.

Dass man lieber kein Hashimoto haben möchte oder dass man deutliche Hinweise auf ein Schilddrüsenproblem lieber nicht sehen möchte, weil dann scheinbar wieder alles gut wäre. Hier hilft nur ein ehrlicher Blick auf die Realität und die Tatsachen.

Der schlechteste Grund, L-Thyroxin abzusetzen

Werbeanzeigen im Internet angeblichen Erfahrungsberichten als Text oder Video, in denen jemand “Schilddrüsentabletten abgesetzt” hat oder L-Thyroxin nicht mehr braucht. Das gilt erst recht, wenn eine (möglicherweise frei erfundene) Geschichte große Hoffnungen geweckt hat: Hoffnungen ohne Verbindungen zur Wirklichkeit sind nicht viel wert, und Wunschdenken ist kein Ersatz für notwendige Medikamente.

Blogartikel: Eine Mission Schilddrüse für die Leber?

Sie sind am Ende von Teil 3 angelangt. Es folgt Teil 4 für Fortgeschrittene – T3-Einnahme und mehr.

Direkt zum nächsten Kapitel: Schilddrüsenwerte per App in Prozente umrechnen?

Voriges Kapitel: Welche Zielbereiche für freie Werte (fT3 und fT4)?